Lehrveranstaltungen
SS 2015 | Institut für Politikwissenschaft, Universität Gießen
PS Psychoanalyse als kritische Theorie der Gesellschaft
Montag 12-14 Uhr, Raum E121
Die Hinwendung von Gesellschaftskritikern und -kritikerinnen zur Psychoanalyse hat, wie viele andere Neuorientierungen der Linken, ihre Wurzel in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg.
Die Frage, wie es denn sein könne, dass zwar einerseits die objektive Möglichkeit einer befreiten Gesellschaft gegeben sei, sich die Massen jedoch dem 'Faschismus' zuwandten,
ließ linken Gesellschaftskritikern und -kritikerinnen keine Ruhe. Der Kreis um Max Horkheimer und Theodor W. Adorno stellte die Frage nach dem Kitt der Gesellschaft, der diese auch dann
noch zusammenhält, wenn ökonomische Interessen dies nicht mehr tun. Der Zusammenhang zwischen Psychologie bzw. Psychoanalyse und Gesellschaftskritik wurde von da an stets betont, wobei
natürlich nicht vergessen werden darf, dass die Psychologie des Individuums gesellschaftlich fundiert ist. In der Lehrveranstaltung werden zentrale Begriffe der Freudschen Psychoanalyse und
der Kritischen Theorie herausgearbeitet und diskutiert: 'infantile Sexualität', 'Massenpsychologie', 'pathische Projektion', 'narzisstische Kränkung', 'autoritärer Charakter',
'Ich-Schwäche'; aber auch vor dem Hintergrund der Entwicklung zu einer 'vaterlosen Gesellschaft' auf ihre Aktualität hin überprüft.
Neue Semestereinteilung (mit korrektem Pfingsttermin)
Text für 20.4.: Freud | Das Ich und das Es (Teil I)
PS Geschlechterverhältnis, Nationalsozialismus und Antisemitismus
Montag 16-18 Uhr, Raum E207
Die Lehrveranstaltung behandelt folgende Themen: die Rolle und insbesondere die Täterinnenschaft von Frauen im Nationalsozialismus, Politisierung der Lust im Nationalsozialismus
sowie den Umgang der 'neuen Frauenbewegung' mit diesen beiden Themen. Ferner wird der Frage nachgegangen, wie haltbar das von Margarete Mitscherlich vertretene Konzept der 'friedfertigen Frau'
ist und ob Frauen auf die gleiche Weise 'anfällig' für Rassismus und Antisemitismus sind wie Männer. Liegt der Vorstellung, dass Juden die Mörder des Matriarchats und das
Judentum eine besonders patriarchale Religion ist, ein spezifisch weiblicher Antisemitismus zugrunde? In der Lehrveranstaltung werden historische Studien über Täterinnen; Texte,
die weibliche Opfermythen einerseits reproduzieren und andererseits kritisieren; sowie aktuelle Analysen zur Diskussion gestellt.
Neue Semestereinteilung
Literaturliste (neu, mit richtigem Pfingsttermin) | Bitte einen Text auswählen oder weiteres Thema vorschlagen.
Pflichttext für 20.4.: Radonic | Frauen als Täterinnen und Profiteurinnen im NS
Weitere Texte für 20.4.: Denunziantinnen | SS-Frauen | Fürsorgerinnen | KZ-Aufseherinnen | Komplizinnen an Ostfront | Täterinnen an Ostfront
PS Antisemitismustheorie
Dienstag 12-14 Uhr, Raum E104
Es bedurfte nicht erst des Anschlags auf einen koscheren Supermarkt Anfang 2015 in Paris, um die Virulenz des Antisemitismus zu verdeutlichen. Die Ideengeschichte des Begriffes und
unterschiedliche Erklärungsansätze für Antisemitismus bilden den Schwerpunkt dieses Seminars. Dabei sollen anhand von Grundlagenliteratur die Merkmale des religiösen
Antijudaismus sowie des modernen, sekundären und neuen Antisemitismus herausgearbeitet werden. Warum kam es zu einer Transformation vom religiösen zum modernen Antisemitismus? Welche
Momente des modernen Antisemitismus zeichnen auch den sekundären Antisemitismus aus, was ist hingegen neu an diesem Antisemitismus nach Auschwitz? Ist der Begriff des 'neuen Antisemitismus'
geeignet, um die Übereinstimmungen zwischen Antisemitismus von rechts, links sowie dem islamischen Antisemitismus zu fassen? Was unterscheidet Antisemitismus von Rassismus? Die
Lehrveranstaltung baut auf der Lektüre und Diskussion von Standardtexten und aktuellen Analysen auf.
Literaturliste | Bitte einen Text auswählen oder einen anderen bzw. weiteres Thema vorschlagen.
Pflichttext für 21.4.: Weiss | Das christliche Erbe
Weitere Texte für 21.4.: Judenfeindschaft im Mittelalter | Spanish Inquisition
PS (Ostmittel- und Südost-) Europäische Erinnerungskonflikte seit 1989
Dienstag 16-18 Uhr, Raum E101
Nach 1989 entstanden in den postsozialistischen Staaten aus Gründen der Abgrenzung zur sozialistischen Vergangenheit neue Geschichtsnarrative. Insbesondere vergangene Phasen vorgeblicher
nationaler Unabhängigkeit rückten in den Blick der neuen Geschichtsschreibung, wodurch z.B. 'Satellitenstaaten' NS-Deutschlands als Meilensteine auf dem Weg zur nationalen
Unabhängigkeit gefeiert wurden. Während im 'Westen' der Holocaust zunehmend als gemeinsamer negativer europäischer Gründungsmythos betrachtet wurde, betonte man in den
postsozialistischen Staaten vor allem die Erinnerung an das eigene Leiden im Sozialismus. Im Kurs soll der Frage nach dem Verhältnis zwischen partikularen (im Staatssozialismus
unterdrückten) Erinnerungskulturen und der jeweiligen neuen staatlichen Erinnerungspolitik, also dem politischen, justiziellen und kulturellen Umgang mit der diktatorischen Vergangenheit
nachgegangen werden. Die Lehrveranstaltung baut auf der Analyse von Primärquellen, etwa Ausstellungskatalogen, Schulbüchern oder Filmen sowie der Diskussion von Theorietexten und
Sekundärliteratur auf.
Literaturliste | Bitte einen Text auswählen oder einen anderen zu den Themen vorschlagen.