06.04.2009 | 18:37 | HEINZ GÄRTNER (Die Presse)
Ein nuklearer Teststopp wäre ein wichtiger Schritt in Richtung der Reduktion der Atomarsenale.
In Prag hat der US-Präsident seine im Wahlkampf vorgestellte Vision über eine nuklearfreie Welt bestätigt. Sie wird möglicherweise nicht in seiner Lebenszeit verwirklicht werden, sagte der Präsident. Er hat aber erste Schritte angekündigt. Diese wären unter Bush undenkbar gewesen. Obama strebt mit Russland einen neuen Vertrag über die Reduktion der strategischen Nuklearsprengköpfen an, die USA sollen den umfassenden nuklearen Teststopp ratifizieren, und er unterstützt einen Vertrag über das Verbot von spaltbarem Material, weiters sollen bestehende Materialen innerhalb von vier Jahren gesichert werden.
Eine internationale Brennstoffbank soll verhindern, dass die friedliche Nutzung der Nuklearkraft militärisch ausgebaut wird. Wenn auch der Iran sein Nuklearprogramm friedlich betreibt, würde der Raketenabwehrschild überflüssig werden. Die Schwierigkeit dieser Maßnahmen besteht darin, dass sie nicht getrennt voneinander erreichbar sind. Russland hat die Modernisierung seiner strategischen Nuklearwaffen damit begründet, dass es den US-Raketenabwehrschild überwinden können muss, um seine Zweitschlagsfähigkeit zu erhalten. Die Frage der Raketenabwehr hängt also sowohl von einem erfolgreichen Abkommen mit Russland über die Reduktion der Nuklearwaffen als auch von der glaubwürdigen friedlichen Nutzung der Nuklearkraft des Iran ab. Nicht genug damit, Russland setzte auch den Vertrag über konventionelle Rüstung in Europa als Reaktion auf den Schild aus, weswegen es etwa auch keine Beschränkungen russischer Truppenbewegungen im Kaukasus gibt.
Sprengköpfe testen?
Ein nuklearer Teststopp wäre ein wichtiger Schritt in Richtung der Reduktion nuklearer Arsenale weltweit. Gleichzeitig will Obama zu Recht eine wirksame nukleare Abschreckung aufrechterhalten. Damit verbunden ist aber auch eine gewisse Erneuerung der Nuklearsprengköpfe. In den USA gibt es derzeit eine heftige Debatte darüber, ob die Sprengköpfe auch getestet werden müssen – was natürlich einem Teststoppverbot hinderlich wäre. Wenn aber die nuklearen Großmächte nicht glaubhaft abrüsten und weiter ihre Arsenale modernisieren, werden Nichtnuklearwaffenstaaten argumentieren, dass die Nuklearwaffenstaaten nicht das Gebot des Atomwaffensperrvertrages erfüllen, in ehrlicher Absicht über die vollständige nukleare Abrüstung zu verhandeln. Diese Fragen werden 2010 überprüft. Es ist aber gerade dieser Vertrag, der Nichtnuklearwaffenstaaten, wie der Iran noch einer ist, verbietet, Nuklearwaffen zu entwickeln. Der Weg zu einer nuklearfreien Welt ist schwierig. Ein Abkommen über eine drastische Reduktion von strategischen Offensivwaffen und ein nukleares Teststoppverbot müssen mit glaubwürdiger nuklearer Abschreckung vereinbar gemacht werden. Die Anzahl der nuklearen Offensivsprengköpfe Russlands und der USA kann daher vorerst nur auf ca. 1000 reduziert werden. Die Ratifizierung des Teststoppabkommens muss begleitet sein von einer neuen Nuklearstrategie, die permanente Modernisierungen nicht mehr nötig macht. Das bedeutet auch eine Abkehr davon, Nuklearwaffen immer kleiner und einsatzfähiger zu machen.
Der Raketenabwehrschild, der gegen potenzielle Nuklearwaffen des Iran gerichtet sein soll, darf nicht mehr Anlass zur Modernisierung der Nuklearwaffen Russlands sein. Damit die Abwehrraketen überflüssig werden, müssen sich sowohl die USA als auch Russland dafür einsetzen, dass Irans Nuklearprogramm friedlich bleibt. Ein wichtiges Instrument ist eine internationale Brennstoffbank. Ohne Raketenabwehrschild können weitere Reduktionen der Offensivwaffen erfolgen. Ein „globales Nichtverbreitungsregime,“ wie es Obama forderte, kann langsam errichtet werden.