„Der nächste George W. wartet schon. Die Europäer können das nicht wollen.“
Präsident Barack Obama kehrt der von den meisten Europäern scharf kritisierten neokonservativen Politik George W. Bushs den Rücken. Er bot den Europäern eine „Partnerschaft“ an, die Mitentscheidung, aber auch Mitbeteiligung bedeutet. Er zieht die Kampftruppen aus dem Irak ab, und er kündigte direkte, aber harte Gespräche mit den beiden anderen Mitgliedern der „Achse des Bösen“, Iran und Nordkorea, an.
Die von den Europäern verlangte Reduktion von Schadstoffen ist ihm ein besonderes Anliegen. Er ist dabei, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen. Obama ist auch nicht gekommen und hat – wie von einigen Beobachtern fälschlicherweise angenommen – von den Europäern verlangt, mehr Kampftruppen nach Afghanistan zu schicken. Er tut es – wie angekündigt – selbst und hat den Europäern signalisiert, dass er für Unterstützungen aller Art (wie etwa bei der Polizei- und Armeeausbildung) dankbar wäre. Er unternimmt erste Schritte, die Nuklearwaffen in der Welt drastisch zu reduzieren. Mit Russland soll ein neues Abkommen geschlossen und der umfassende nukleare Teststopp von den USA ratifiziert werden. Staatsintervention und Bankenaufsicht waren in den USA aus ideologischen Gründen vor den Maßnahmen Obamas gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise wenig akzeptabel.
Von all diesen Handlungen konnten die Europäer während der Regierung Bush nur träumen. Nun aber reagieren die Europäer zögerlich, ohne dabei jedoch Alternativen anzubieten. Einige Regierungen beschuldigten „die Amerikaner“, an Guantanamo selbst schuld zu sein, obwohl Obama gerade diese Fehler seines Vorgängers korrigieren will. Außerdem befürchten sie eine zu weiche Gangart der USA gegenüber dem Iran. Obamas Investitions- und Hilfsprogramme für die Wirtschaft finden nur mäßigen Anklang in vielen europäischen Hauptstädten. Innenpolitisch beginnt sich die republikanische und neokonservative Opposition zu formieren. Der prominente Republikaner und Radiokommentator Rush Limbaugh drückte es so aus: „Ich will, dass Obama scheitert!“ Der nächste George W. wartet schon. Die Europäer können das nicht wollen. In diesem Sinne ist auch Obamas Aufruf an die Europäer, mehr zu unternehmen, zu verstehen.
(Format Online, 19.3.2009)