Fahrt auf den historischen Stadtbahnstrecken

Wenn Sie an Jahrhundertwende-Eisenbahnarchitektur interessiert sind, sollten Sie bei Ihrem nächsten Wien-Aufenthalt eine Fahrt über die interessantesten Strecken der Wiener U-Bahn machen, nämlich den Überbleibseln der in den Jahren 1893-1901 gebauten Stadtbahn von Otto Wagner, die jetzt in das U-Bahn- und S-Bahn-Netz integriert sind.

Alles, was Sie benötigen, ist eine Fahrkarte (vorzugsweise ein 24-Stunden-Ticket, da Sie sonst bis zu 4 Einzelfahrscheine brauchen) und 2-3 Stunden Zeit, je nachdem, ob Sie einfach nur die Strecken abfahren oder auch einige Stationen genauer betrachten wollen.

Noch eine Warnung: Machen Sie die Tour am besten zwischen 10 und 14 Uhr oder am Wochenende, da die Linie U6 während der Verkehrsspitze oft hoffnungslos überfüllt ist.

Auf dieser Karte sehen Sie die vorgeschlagene Route:

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  1. Beginnen Sie in der Station Schwedenplatz. Hier ist von der ursprünglichen Architektur leider nichts mehr übrig geblieben. Folgen Sie den Schildern zur Linie U4 und nehmen Sie einen Zug Richtung Hütteldorf. Unmittelbar nach der Abfahrt können Sie auf der linken Seite durch die offene Galerie auf den Donaukanal hinaussehen. Ein wenig später quert der Zug auf einer Stahlbrücke den Wienfluss; unmittelbar über dieser befindet sich eine ebenso von Otto Wagner gestaltete Fußgängerbrücke, auf der eine Szene im Film Before Sunrise spielt.

  2. Nach einem Zwischenhalt hält der Zug in der Station Stadtpark. Diese denkmalgeschützte Station ist fast vollständig im Originalzustand erhalten; es wurde lediglich am östlichen Ende ein zusätzlicher Aufgang mit Aufzügen eingebaut.

  3. Die Strecke verläuft nun weitgehend oberirdisch neben dem Wienfluss. Die Stationsgebäude der nachfolgenden Stationen sind noch erhalten, allerdings wurden die Bahnsteige in den späten 1970er Jahren in einem Plastik-Einheitsdesign gestaltet. Fahren Sie weiter bis zur Station Längenfeldgasse aus. Diese Station wurde erst 1989 eröffnet; hier müssen Sie über die Treppe hinauf und auf den anderen Bahnsteig wechseln. Dabei können Sie einen Blick auf Otto Wagners Brücke über die Wienzeile werfen, die sich östlich der Station befindet.

  4. Am anderen Bahnsteig nehmen Sie einen Zug der Linie U6 Richtung Floridsdorf. Der Zug wird die steile Rampe zur Brücke hochfahren und dann eine Reihe von Otto Wagner-Stationen durchfahren, die alle weitgehend im Originalzustand erhalten sind, wie z.B. Gumpendorfer Straße, Burggasse oder Alser Straße. Bei der Station Michelbeuern befindet sich ein Betriebsbahnhof der Linie U6, der auch von Otto Wagner gebaut, aber später deutlich erweitert wurde.

  5. Die letzte der Otto Wagner-Stationen ist Nussdorfer Straße, steigen Sie aber nicht aus, sondern fahren Sie durch den erst 1996 eröffneten Tunnel bis zur Station Handelskai (auf dem Weg dorthin durchfahren Sie auch die höchste Station des Wiener U-Bahn-Netzes, die architektonisch sehr gelungene Neubaustation Spittelau). Am Handelskai angekommen gehen Sie die Treppe hinunter zum Bahnsteig der Linie S45. Leider gibt es hier außer der Donau nicht viel zu sehen.

  6. Als nächstes kommen Sie zum Bahnhof Heiligenstadt. Wenn sie ihn durchfahren haben, wird es erst richtig interessant. Durch die großen Höhenunterschiede hat die Strecke mitunter den Charakter einer Gebirgsbahn. Die Stationen Gersthof, Hernals und Ottakring sind gute, weitgehend originalgetreu restaurierte Beispiele von Wagners Architektur. Wenn Ihnen schon langweilig ist, steigen Sie in Ottakring in die U3 um und fahren ins Stadtzentrum zurück; ansonsten fahren Sie mit der S45 weiter bis zur Endstation in Hütteldorf.

  7. Dort steigen Sie wieder in die Linie U4 um. Auch hier sind die Bahnsteige in der 70er Jahren totalrenoviert worden, sodass Otto Wagners Einfluss mitunter nur mehr an den Stationsgebäuden an der Straßenoberfläche nachvollziehbar ist. In der Station Hietzing können sie den sogenannten Kaiserpavillon betrachten, eine Privatstation für Kaiser Franz Joseph, die dieser allerdings nie benutzte (der Pavillon befindet sich am nicht zugänglichen Bahnsteigende, sie müssen also durch die 60er-Jahre-Station nach oben und dann ca. 150 m zu Fuß gehen). In der Station Schönbrunn blieb der originale Bahnsteig erhalten, wurde nach einem Lifteinbau 1997 allerdings grundlegend verändert.

  8. Fahren Sie mit der U4 zum Karlsplatz zurück. Nehmen Sie dort den Aufgang Resselpark und gehen Sie dort die Treppe, die sich unmittelbar rechts neben dem Aufgang befindet, nach oben. Sie kommen hier an der Rückseite von einem der berühmten Jugendstil-Stadtbahnpavillons Otto Wagners heraus. Diese wurden restauriert und werden jetzt als Kaffeehaus und Museum genutzt (der Ausgang befand sich ursprünglich natürlich an der Vorderseite). Hier können Sie einen Kaffee genießen oder sich weiter über Otto Wagner informieren.

Gute Fahrt!

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