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Postkarte an Felice Bauer
Liebste, ein so schöner Tag und ich im Bureau. Mein Trost ist, dass
Du in Mühlenbeck [b]ist. - Heute wieder keine Nachricht. Du schreibst
öfters, dass Du keine Nachricht bekommst, erwähnst dann
aber nicht, ob die ausgebliebene nächsten Tag nachkommt. Es muß
aber so sein, denn ich schreibe jeden Tag. - Den Bericht mußte ich
ohne ihn zum zweitenmal gelesen zu haben Max borgen, er braucht ihn für
den Mädchenklub, dieses heikle, brüchige, aber
gewiß nicht wertlose Wesen. Deine Klage: es wird alles persönlich
genommen, ist geradezu der Wahlspruch dieses Klubs. Aufgefallen ist mir
in dem Bericht die Güte des Teiles, der von der ältern Knabengruppe
handelt, offenbar stammt er von Lehmann. Hier stehen ein wenig Tatsachen
und Ergebnisse, während das Übrige doch zum großen Teil
Dinge enthält, die man von vornherein annehmen konnte, die aber allerdings
im ersten Bericht am Platze sind. Sehr gut muß übrigens auch
der Kindergarten sein, über den so bescheiden berichtet wird. - Heute
bin ich allein, Ottla ist aufs Land gefahren ich habe die Wahl, Felix und
seine Frau, denen ich es zugesagt habe, abzuholen oder allein zu gehn.
Was werde ich tun?
Franz
dieses heikle, brüchige, aber gewiß nicht wertlose
Wesen :Gemeint ist der nur wenige Mitglieder zählende Prager
zionistische Klub jüdischer Frauen und Mädchen", an dessen
Veranstaltungen auch Kafkas Schwester Ottla gelegentlich teilnahm. Die
Prager Wochenschrift Die Selbstwehr berichtete hin und wieder über
die Zusammenkünfte dieses Klubs.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at