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Postkarte an Felice Bauer
Liebste, heute kam die Karte und der Bericht. Was für
eine persönliche Bedeutung diese Blätter für mich haben!
Eine allzukleine Arbeit war das allerdings für Dich nicht. Vorläufig
habe ich es nur flüchtig gelesen, finde es aber sehr verständig
und reichhaltig. Nur in der Besprechung der jüngeren Knabengruppen
wird ein wenig gefabelt. Das ist aber verzeihlich insbesondere beim ersten
Bericht. Was für mich fehlt, ist mehr Rücksichtnahme auf die
Leiter und Helfer, hier genügt nicht Zionismus und schweifende Begeisterung.
Aber ein entschuldigender Hinweis findet sich auch für diesen Zweifel
in der Bemerkung, dass nach dem Krieg das Zusammenleben der Helfer
und der Pfleglinge viel näher werden soll. Jetzt fehlt in dieser Hinsicht
gewiß noch viel, Deine Klage, die ich gerne in einer Einzelheit kennen
lernen wollte, ist ja eine Bestätigung dessen. Man merkt übrigens,
dass die Mädchengruppen in ihrer Entwicklung hinter den Knabengruppen
noch zurückstehn. Vor allem aber immer wieder: Hochmut ist in dem
Bericht. Wenn man aber von der Arbeit nicht abläßt, wird ihn
die Zeit schon ausbrennen. - Störe ich Dich nicht mit dem Schicken
der Bücher? Nehme ich dem Lesen des Foerster nicht zuviel Zeit weg?Was
gibt Dir übrigens das Recht zu glauben, dass ich Erdmuthe nicht
schon längst ausgelesen habe? Schon in Marienbad, bis auf die Anmerkungen,
die nicht wesentlich sind. Büße diesen ungerechten Vorwurf durch
baldige Sendung der Bilder vom Ausflug.
Franz
der Bericht: Die schon erwähnte Broschüre
Das Jüdische Volksheim Berlin, Erster Bericht: Mai/Dezember
1916 [Berlin 19171. Dieser 20 Seiten umfassenden Veröffentlichung
ist eine Widmung vorangestellt: "Den Förderern unserer Arbeit,
den Herren Dr. Max Brod, Dr. Martin Buben Gustav Landauer, Siegbert Stern,
Rabbiner Dr. Warschauer herzlichen Dank."
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at