Quali-TYDES – Qualitative tracking with young disabled people in European States
(Laufzeit: 01.09.2010 – 31.08.2015)
ECRP V – Eurocores (European Science Foundation – ESF) 09-ECRP-032
Function: Principal investigator for Austria
Financed by Austrian Science Fund – FWF Project number: I 343
Ziele: Das zentrale Anliegen des Quali-TYDES-Projekts ist es, die Auswirkungen
von nationalen, europäischen und internationalen Policies im Behindertenbereich
auf das Leben von jungen Menschen mit Behinderung in sechs europäischen Ländern
zu beforschen. Dabei sollen zum einen die Wirkungen anhand der direkten
Lebenserfahrungen der Betroffenen untersucht werden. Zum anderen wird geprüft,
inwiefern qualitative biographische Fallstudien im Bereich des Monitoring der
Implementierung von Policies eingesetzt werden können - eine Fragestellung,
welche angesichts der Ratifizierung der UN-Konvention aber auch weitere Policies
auf EU-Ebene zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Stichprobe: Im Rahmen des österreichischen Beitrags zum Forschungsprojekt werden
die Lebensgeschichten von 24 jungen Menschen mit Behinderung erarbeitet. Die
teilnehmenden Personen werden aus den Jahrgängen der 1980er Jahre rekrutiert
werden. Da die Stichprobe darauf ausgelegt ist, ein möglichst heterogenes
Spektrum des zu beforschenden Personenkreises zu erfassen, wird eine gleiche
Anzahl von weiblichen und männlichen TeilnehmerInnen aus ländlichen als auch
urbanen Regionen, mit verschiedene Arten von Schädigung1 (kognitiv, sensorisch
und physisch) für die Teilnahme gewonnen werden. Behindertenpolitik in
Österreich ist aufgrund der föderalen Ausrichtung des Staates auf nationaler als
auch auf der Ebene der Länder relevant. Da das geplante Projekt darauf abzielt,
die Auswirken von Behindertenpolitik auf das Leben von behinderten Menschen zu
erforschen, wird die Stichprobe neben den zuvor angeführten Kriterien aus jeweils
6 Teilnehmenden aus 4 Bundesländern (Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Wien)
bestehen. Da die Gewinnung von Stichproben über Trägerorganisationen der
Behindertenhilfe als problematisch bezeichnet werden kann (Buchner 2008), werden
in diesem Projekt TeilnehmerInnen über Behindertenorganisationen (DPOs) und
Selbstvertretungsorganisationen im Zuge eines "information drop" (Griffin & Balandin 2004)
rekrutiert.
Methoden, Feldarbeit und Datenanalyse: Die Lebensgeschichten werden in Anlehnung
an Atkinsons Ansatz des "Life History Research" (Atkinson 1997) erarbeitet.
Für die Durchführung der Datenerhebung und -analyse sind drei Phasen vorgesehen:
In der ersten Phase werden mit jeder teilnehmenden Person 2 biographische Interviews geführt.
Das gewonnene Datenmaterial wird von den Forschern hinsichtlich potentieller
zeitlicher Lücken analysiert, chronologisiert und zu einer Erstversion der
Lebensgeschichte zusammengeführt. Diese wird im Rahmen einer "kommunikativen
Validierungs-Session" den TeilnehmerInnen präsentiert um Korrekturen und das
Schließen von möglicher Weise identifizierten chronologischen Lücken zu ermöglichen.
Anschließend wird vom Forschungsteam das neu gewonnene Material in die Lebensgeschichte
integriert. Die Lebensgeschichten werden schließlich anhand eines im Rahmen des
ersten internationalen Projektworkshops (siehe Gesamtprojektantrag) gemeinsam
erarbeiteten Analyserasters, welches sich aus einer Vielzahl (bereits im Kontext
von Lebensgeschichtsforschung erprobter) Tools zusammensetzen wird (z.B. Armstrong 2003;
Goodley, Lawthorne & Moore 2004) examiniert und ausgewertet. Das österreichische
Team wird ein Arbeitspapier erstellen, welches die Ergebnisse der ersten Phase der
Datenerhebung in Relation mit den Anforderungen der UN-Konvention der Rechte von
Menschen mit Behinderung und weiteren europäischen als auch nationalen Inhalten
der Behindertenpolitik setzt. Dieses Arbeitspapier wird mit allen PartnerInnen im
Rahmen eines weiteren Workshops diskutiert werden, um das weitere Vorgehen in
Bezug auf die weiteren Schritte gemeinsam zu erarbeiten. Die zweite und dritte Phase
der Feldarbeit wird ein bzw. zwei Jahre später stattfinden und aus jeweils einem
Follow Up-Interview und einer "kommunikativen Validierungs-Session" bestehen. Die
Analyse des entstehenden Datenmaterials wird an die im Rahmen der internationalen
Kollaborationsworkshops (welche auch in diesen beiden Phasen stattfinden werden)
entwickelten Ideen und Konzepte adaptiert.
Policy-Analyse: Das Forschungsteam wird nach der ersten Phase der
Feldarbeit eine Analyse diverser Policies, Dokumente, Berichte und Gesetze von
nationaler (z.B. Nationale Aktionspläne für soziale Eingliederung, Berichte zur
Lage der Menschen mit Behinderung, Gleichstellungsgesetz, etc.) als auch der
Ebene der Bundesländer (z.B. Bedarfsentwicklungspläne, Behindertengesetze, etc.)
durchführen. Die Ergebnisse werden ebenfalls in Bezug zu den Anforderungen/Inhalte
der UN-Konvention gesetzt und zu einem weiteren Arbeitspapier zusammengefügt. Auch
dieses Papier wird mit allen PartnerInnen diskutiert werden und die entstehenden
Überlegungen in die weiteren Analyseschritte (siehe Beschreibung Feldarbeit)
integriert.
Dissemination: Die Forscher werden die Ergebnisse des Projektes zur
Publikation in nationalen als auch internationalen akademischen Journals einreichen,
zudem werden Outcomes auf
(a) zahlreichen bedeutenden Konferenzen, als auch
(b) Stakeholdern im politischen Bereich (auf Ebene des Bundes und der Länder) und
(c) Behinderten- als auch Selbstvertretungsorganisationen präsentiert. Des Weiteren
wird ein elektronischer Newsletter in regelmäßigen Abständen Informationen zur
Entwicklung des Projekts an Stakeholder verschickt werden. Auf der Homepage der
Forschungseinheit für Inklusive und Heilpädagogik werden ebenfalls über das Projekt
informiert werden.
1 Hier ist Schädigung im Sinne der ICF-Definition (WHO 2001) zu verstehen.