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Kurt Wolff an Franz Kafka, Prag, Pořič 7
Sehr verehrter Herr Kafka:
Herr Meyer hat wohl in seinem letzten Brief Ihnen mitgeteilt, dass
ich beabsichtige, Ihnen wegen der Strafkolonie zu schreiben: ich möchte
Ihnen nämlich gern vorschlagen, dass wir diese Dichtung, die
ich ganz außerordentlich liebe, wenn sich meine Liebe auch mit einem
gewissen Grauen und Entsetzen über die schreckhafte Intensität
des furchtbaren Stoffes mischt, jetzt im Rahmen einer kleinen Gruppe neuer
Dichtungen, die als "Drugulin-Drucke" erscheinen
sollen, herausgeben. - Ich möchte übrigens bemerken, dass
diese Reihe schöner Drucke keinerlei serienhaften Charakter trägt,
in Ausstattung, Preis, Format u. s. w. ganz verschieden ist, und dass
ich neben Ihrer wunderbaren Erzählung noch Arbeiten von Werfel, Francis
Jammes, Páguy und Březina zunächst herausbringen will.
Ich hoffe, dass Sie mir für diese Verlagsabsicht Ihr Einverständnis
erklären werden, und würde mich besonders freuen, wenn Sie Ihre
Antwort, die ich nach Darmstadt, Allee 15 erbitte, zur Veranlassung nähmen,
mir einige Worte über Ihr Ergehen zu sagen. Sie wissen, dass
ich mit besonderer Aufrichtigkeit bin und bleibe Ihr treulichst ergebener
[Kurt Wolff]
"Drugulin-Drucke": Vgl. "Das
bunte Buch" Leipzig: KWV 1914, S. 194. In der neuen Folge der Drugulin-Drucke
erschienen außer Kafkas "In der Strafkolonie": Charles
Peguy "Die Litanei vom schreienden Christus"; Otokar Březina
"Winde von Mittag nach Mitternacht". Dagegen erschienen "Die
Gebete der Demut" von Francis Jammes und "Arien" von
Franz Werfel in der Reihe "Die Stundenbücher der Ernst Ludwig
Presse".
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at