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An Felice Bauer
Auf unserem Balkon ist es am Abend schön. Ich bin dort jetzt ein Weilchen
gesessen. Ich bin unsinnig müde, heute früh, als ich, von der
Nacht nur noch viel müder gemacht, aufstehn sollte, habe ich wirklich
alles rund um mich verflucht, und mich insbesondere. Wenn ich nicht ordentlich
schlafen kann, wie werde ich jemals wieder ordentlich schreiben können?
Und wenn ich das nicht kann, dann ist alles ein Traum und zwar ein durchschauter
Traum.
Mein neuer Plan ist natürlich nicht der beste Plan. Der beste Plan
wäre doch wahrscheinlich, auf irgendeine schlaue Weise etwas Geld
zusammenzubringen und mit Dir für immer nach Süden zu fahren
auf eine Insel oder an einen See. Im Süden ist, glaube ich, alles
möglich. Dort abgeschlossen leben und von Gras und Früchten sich
nähren. Aber ich brauche nicht einmal sehr tief in mich hineinzuschauen
und ich will nicht einmal nach Süden fahren. Nur die Nächte
mit Schreiben durchrasen, das will ich. Und daran zugrundegehn oder irrsinnig
werden, das will ich auch, weil es die notwendige längst vorausgefühlte
Folge dessen ist.
Aber mein neuer Plan ist folgender: Die Wohnung, die ich für uns ausgesucht
hatte, kann erst im Mai nächsten Jahres bezogen werden, vorausgesetzt,
dass ich sie bekomme, sie ist im Haus einer Baugenossenschaft, deren
Mitglied ich geworden bin. Wir verlieren also, Felice, keine Zeit, wenn
ich jetzt noch nicht an Deine Eltern schreibe. Bleiben wir also, wie wir
sind, bis zum Feber, Jänner oder Weihnachten. Du wirst mich noch besser
kennenlernen, es gibt noch einige schreckliche Winkel in mir, die Du nicht
kennst. Du wirst die Sommerreise machen und Dir auch dadurch sowie durch
die Briefe von meiner Reise einen bessern Überblick verschaffen. Vor
allem aber werde ich im Herbst diesen Verlockungen zum Schreiben endlich
nachgeben, wenn es nur meine. Gesundheit erlaubt, und werde dann selbst
sehn, was in mir ist. Ich habe ja so wenig erst gemacht, ich bin nichts,
vielleicht gelingt mir etwas im Herbst, schonen will ich mich nicht. Du
wirst dann klarer sehn, mit wem Du Dich verbinden willst und was es zu
bedenken gibt. Ich freilich werde Dir dann so gehören wie heute. Was
sagst Du zu diesem Plan?
Franz
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at