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[Tagebuch, 28. Dezember 1911; Donnerstag]
28. XII 11 Die Qual, die mir die Fabrik macht. Warum habe ich es hingehen lassen als man mich verpflichtete, dass ich nachmittags dort arbeiten werde. Nun zwingt mich niemand mit Gewalt, aber der Vater durch Vorwürfe, Karl durch Schweigen und mein Schuldbewußtsein. Ich weiß nichts von der Fabrik und stand bei der komissionellen Besichtigung heute früh nutzlos und wie geprügelt herum. Ich leugne für mich die Möglichkeit hinter alle Einzelheiten des Fabriksbetriebes zu kommen. Und wenn es durch endlose Fragerei und Belästigung aller Beteiligten gelänge, was wäre erreicht? Ich wüßte mit diesem Wissen nichts tatsächliches anzufangen, ich bin nur zu Scheinverrichtungen geeignet, denen der gerade Sinn meines Chefs das Salz beigibt und das Ansehn einer wirklichen guten Leistung. Durch diese nichtige für die Fabrik aufgewendete Anstrengung würde ich mich auf der andern Seite aber der Möglichkeit berauben die paar Nachmittagstunden für mich aufzuwenden, was notwendig zur gänzlichen Vernichtung meiner Existenz führen müßte, die sich auch ohnedies immer mehr einschränkt.
Heute nachmittag bei einem Ausgang sah ich paar Schritte lang lauter eingebildete Mitglieder der Komission, die mir Vormittag solche Angst gemacht hatte, mir entgegenkommen oder meinen Weg kreuzen.
Letzte Änderung: 17.4.2009 | werner.haas@univie.ac.at |