Ass.-Prof. Mag. Dr. Gertraude Zand

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225 Jahre Bohemistik an der Universität Wien

12.-14. Oktober 2000

zum Programm

Wien war am Anfang des vergangenen Jahrhunderts die Stadt mit den meisten tschechischen Einwohnern. Dieser Umstand ist zwar einer breiten Öffentlichkeit wohl bekannt, eine andere Vorreiterrolle Wiens ist hingegen nur wenig bekannt: als am 7. Oktober des Jahres 1775 die k. k. Studienhofkommission den Mährer Josef Valentin Zlobický zum ersten "Lehrer der böhmischen Sprache an der Universität Wien" bestellte, gab sie gleichzeitig den Anstoß zur weltweit ersten universitären Beschäftigung mit einer slawischen Sprache, dem Tschechischen. Dies war für die Neuformierung des tschechischen Nationalbewußtseins und für die weitere Entwicklung der Sprache und Kultur der Tschechen von besonderer Bedeutung.

Aus Anlaß des nunmehr 225jährigen Bestehens der Wiener Bohemistik veranstaltete das Institut für Slawistik der Universität Wien vom 12.-14. Oktober 2000 ein Festsymposium. Experten aus dem In- und Ausland bezogen in ihren Vorträgen und Diskussionen sowohl zur geschichtlichen Entwicklung des Faches als auch zur aktuellen Positionierung des Tschechischen Stellung und entwarfen methodische und wissenschaftstheoretische Perspektiven der Bohemistik. Die Palette der Beitragsthemen reichte von der Geschichte des Tschechischunterrichts in der Habsburgerfamilie, an Schulen und Akademien über die Mehrsprachigkeit in den böhmischen Ländern, die Sprache der Wiener Tschechen heute und die integrative Rolle der Slowakistik bis zu aktuellen Problemen linguistischer, literaturwissenschaftlicher und kulturgeschichtlicher Forschung. Dabei ging es unter anderem um die Frage, welche Bedeutung der Bohemistik außerhalb der Tschechischen Republik unter den gegenwärtigen Voraussetzungen zukommen kann.

Das Symposium darf als großer Erfolg bezeichnet werden, sowohl was das wissenschaftliche Niveau und die Präsentation der Vorträge betrifft als auch in Bezug auf das ansprechende kulturelle Rahmenprogramm, die freundschaftlich-kollegiale Atmosphäre und den reibungslosen organisatorischen Ablauf. Das öffentliche Interesse an dieser Veranstaltung war beachtlich: mehr als 100 Gäste besuchten die feierliche Eröffnung, mehr als 50 hörten auch noch die Vorträge am Freitag Abend und am Samstag Vormittag. Unter den Gästen befanden sich Repräsentanten des Ministeriums, der Universität und der zahlreichen tschechischen Institutionen in Wien sowie Bohemisten und Slawisten aus dem In- und Ausland, Kollegen von fachverwandten Instituten, Studierende des Instituts für Slawistik und viele andere. Auch Presse, Rundfunk und Fernsehen brachten Beiträge über das Symposium.

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Programm des Symposiums
Donnerstag, 12. Oktober 2000 – Institut für Slawistik
  • Präsentation der Fachbibliothek Slawistik: Bohemistische Lehrbücher, Dissertationen, Diplomarbeiten und andere Schätze (Norbert Brien)
  • Konzert Musica Viva(Tschechische Volks- und klassische Musik vom Barock bis zur Gegenwart, Leitung: Jaroslav Krček)
  • Foto-Vernissage der Galerie auf der Pawlatsche: Das Eigene und das Fremde
    (Petr Baran, Gero Fischer)
  • Bohemistentreffen (Retrospektiven und Perspektiven– Beiträge der Absolventinnen und Absolventen Sophia Asperger, Alena Köllner- Kadlecová, Michael Stavarič, Reinhard Suchomel, Martina Waditschatka-Schneider, Natascha Watzer. Moderation: Hana Sodeyfi)
Freitag, 13. Oktober 2000 – Aula des Universitätscampus

Feierliche Eröffnung

  • Univ.-Prof. Dr. Juliane Besters-Dilger, Vorstand des Instituts für Slawistik, mit einer Grußbotschaft des Bundespräsidenten der Republik Österreich, Dr. Thomas Klestil
  • Dr. Jiří Gruša, Botschafter der Tschechischen Republik, mit einer Grußbotschaft des Präsidenten der Tschechischen Republik, Václav Havel
  • Univ.-Prof. Dr. Georg Winckler, Rektor der Universität Wien
  • Univ.-Prof. Dr. Franz Römer, Dekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien

Festvortrag

  • Josef Vintr: Die Gründung der Bohemistik an der Universität Wien und ihre Stellung im 19.-21. Jahrhundert

Vorträge

  • Martin Svatoš: Die Mehrsprachigkeit in den böhmischen Ländern der frühen Neuzeit
  • Hans Rothe: F. Faustin Procházkas De saecularibus liberalium artium in Bohemia et Moravia fatis commentarius
  • Tilman Berger: Tschechischunterricht in der Habsburgerfamilie ab 1526
  • Stefan Michael Newerkla: Tschechischunterricht in Wien und Wiener Neustadt bis 1775
  • Václav Petrbok: Jan Nepomuk Norbert Hromádko
  • Alexandr Stich: E. S. Friedberg-Mirohorský und die tschechische Militärterminologie
  • Stanislava Kloferová: Die Sprache der Wiener Tschechen – Forschungsstand und Ausblick
  • Juraj Glovňa: Wien und die Slowakistik
  • Jiří Holý: Die Prager strukturalistische Schule – zwischen Werk und Theorie
  • Dalibor Tureček: Bohemistik und Komparatistik: Kompetenzen der Literaturgeschichte
  • Oldřich Uličný: Dnešní stav češtiny a dynamika jejího vývoje
  • Johannes Reinhart: Möglichkeiten und Grenzen der Rekonstruktion des Urtschechischen
  • Milada Homolková: Möglichkeiten der Erkennung und Beschreibung lexikalisch-semantischer Strukturen – am Beispiel des Alttschechischen
  • Marek Nekula: Franz Kafka und die tschechische Sprache und Kultur
Samstag, 14. Oktober 2000 – Institut für Slawistik

Vorträge

  • Ludger Udolph: Die Prager Moderne als bohemistisch-germanistischer Forschungsgegenstand
  • Christa Rothmeier: Die Problematik der Übersetzung tschechischer Lyrik ins Deutsche
  • Pavol Winczer: Möglichkeiten und Grenzen der vergleichenden Sicht in der literaturwissenschaftlichen Bohemistik
  • Gertraude Zand: Pavla Kytlicová, Jakub Deml und Österreich
  • Herta Schmid: Die Dramen Václav Havels im tschechischen historischen Kontext
  • Diskussion am Runden Tisch

 

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