Was ist ein Medium? Über Boten, Engel, Viren, Geld und andere Medien.
Sybille Krämer / Patrick Pulsinger
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Abstract
Performanz und Medium sind zentrale Begriffe der zeitgenössischen Debatte, die eine augenfällige Gemeinsamkeit aufweisen. ‚Performativität’ bedeutet, dass sprachliche Äußerungen das, was sie bezeichnen, zugleich auch vollziehen: Worte werden zu Handlungen, die in die Welt eingreifen. Und Medien werden gegenwärtig autonom gesetzt und als Instanzen gedeutet, welche die Botschaften, die sie übertragen und übermitteln, zugleich auch hervorbringen. Das Machen und Erzeugen wird damit zu einem Charakteristikum auch unseres Zeichenhandelns: Mit Zeichen wird die Welt nicht nur repräsentiert und interpretiert, sondern durch Zeichen wird sie hervorgebracht und verändert.
Doch unser Tun vollzieht sich in einem Spannungsverhältnis von Machen und Widerfahren, von Produktivität und Rezeptivität, von Handeln und Erleiden, von Hervorbringen und Geschehenlassen, von Macht und Ohnmacht. Beruht unser Tätigsein nicht darauf, von etwas Gebrauch zu machen, das wir nicht selbst erschaffen haben, aber im Gebrauch verändern? Zusammen mit Patrick Pulsinger will Sybille Krämer anhand des Botenmodells in ihrer Lecture Performance ergründen, ob es möglich ist, die produktive Rolle von Medien so zu erfassen, dass zugleich deren empfangende, reproduktive, übertragende Dimension hervortreten kann.. Medien sollten nicht nur als Mittel, vielmehr als Mitte und Mittler thematisiert und der Botengang somit zu einer ‚Urszene’ des Mediengebrauchs werden. Das heißt aber auch: Nicht Autonomie, vielmehr Heteronomie (Fremdbestimmtheit) ist für ein Mediengeschehen grundlegend: Es gibt stets ein Außerhalb von Medien.
Medien verbinden heterogene Domänen durch Hybridisierung, indem sie also Attribute der Welten, zwischen denen sie vermitteln, verkörpern. So wird eine Übertragung möglich zwischen dem, was voneinander entfernt und grundsätzlich verschieden ist. Kann die imaginäre Gestalt des Engels, der zwischen Göttlichem und Menschlichem vermittelt, als Archetypus medialer Übertragung gedeutet werden? Für eine Theorie der Kommunikation bedeutet das Botenkonzept die Distanz – das Voneinander-entfernt-Sein und das Sich-einander-fremd-Sein – als kommunikative Ausgangsbedingung ernst zu nehmen.
Vor diesem Horizont lassen sich vier weitere Typen des Übertragens betrachten: die Übertragung von Krankheit und Störung durch biologische und technische Viren, die Eigentumsübertragung im Medium des Geldes, die Übertragung von Gefühlen in der Psychoanalyse und die Übertragung von Wissen durch den Zeugen.
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Filmausschnitt
Gesamter Performance-Film
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IMPRESSUM
realisiert im Rahmen des FWF-Forschungsprojektes “Materialität und Zeitlichkeit performativer Sprechakte” (P17600): 2005-2007 Wien.
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