Viel zu vieles zeigend, viel zu viel versteckend. Lieder in Symbolen und Diabolen // Performance-Text
Liedtexte Vanja Kirchhoff // Philosophy On Stage #3
Wer Stiehlt Nur Mein Mädel?
Ist auch alles widerlegt,
Wurd’s auf Nullgewicht gewägt,
Wurd zerteilt und feil zerlegt,
Welcher Stoff uns Fehl erregt
War’s nur ein Korn im Getriebe der Blindlinse Reiz,
Sehn wir das Fallen durchs Objektiv lange bereits,
Ist nun alles abgeschält,
Was Kerzenschimmer nicht erhellt,
Bis auf was immer hier noch zählt,
Und hab ich auch gefehlt gefehlt –
So fehlst auch Du, fehlst Du mir, fehlst Du mir noch
So höhlst Du mir, höhlst Du mir, höhlst Du mir, höhlst mir den Schädel
Wer stiehlt nur mir, stiehlt nur mir, stiehlt nur mir, stiehlt nur mein Mädel?
So fehlst Du mir, fehlst Du mir, fehlst Du mir doch
Glaubt ich Dich zu sehen auch
Hatt nicht mal zum Sehn ein Aug
Trügt mich auch ein Atemhauch
Nährt mich lügenvoll ein Bauch
Werde ich ausziehn und schaff es, es drängt nur die Zeit
Zieht mich ins Reich, das verarmte, der Nutzlosigkeit
Hab ich mich auch wo´s ging befragt
Bis ich in Staub nur rührt wie´s tagt
Und Andre längst wir warn im Takt,
Die kein Gedächtnis nunmehr plagt –
So fehlst auch Du, fehlst Du mir, fehlst Du mir noch
So höhlst Du mir, höhlst Du mir, höhlst Du mir, höhlst mir den Schädel
Wer stiehlt nur mir, stiehlt nur mir, stiehlt nur mir, stiehlt nur mein Mädel?
So fehlst Du mir, fehlst Du mir, fehlst Du mir doch
Und sind wir uns jetzt auch recht klar,
Dass hier ein Andrer niemals war,
Dass Wir zudem uns nie sogar
Begegnet sind wie um ein Haar
Unsres verwest Überrests, unterm Besen entsorgt,
Wurd der Ort zwischen den Reinigungswechseln verborgt
Und warn wir, wie man sagt und lacht,
Da einst noch eins wir in der Nacht,
Einander lückenlos gemacht
Weil wir nur zu genug verflacht –
So fehlst Du mir, fehlst Du mir, fehlst Du mir noch
So höhlst Du mir, höhlst Du mir, höhlst Du mir, höhlst mir den Schädel
Wer stiehlt nur mir, stiehlt nur mir, stiehlt nur mir, stiehlt nur mein Mädel?
So fehlst Du mir, fehlst Du mir, fehlst Du mir: doch
Gleichnis vom Verspäteten Sohn (Auszug)
Aus der Trickkiste ein Nachtfalter entfleuchte
Der glimmend im Beleuchtungsspiele fällt
Schwenkend Scheinwerfer sucht Christus was da leuchte
Da er’s für einen Funken Pneuma hält
Dass das Fortgebärn der Welten doch nur ende
Wollt Land und Wasser wate nun durch Sumpf
Wie lang soll ich falln in Werken meiner Hände
Wer warf mich in den körperlichen Rumpf
Von dem hohen Schweigen wolln sie fort sich ziehen
Doch keiner der auf seinen Namen hör
Sänger von endlosen Genealogien
Wankt zwischen zweien Spiegeln hin und her
Irgendwo muss eine gute Tür sich lichten
Und sei es dass ich nach der Zeit erschein
Irgendwo wird man für all dies mich nicht richten
Dort darfst auch Du ein echter Junge sein
…
Wisst mein ist die Straße wenn ich andres wähne
So setzt ihr Schranken weise mir und gut
Großartig ward alle ihr – hier seht die Träne!
Rührend meine Verneigung mein Tribut
In den Stiefeln die in keines Mannes Größen
Und unkoordinierbar stets gelenkt
Mit dem edlen Schweißtuch dem kopiert porösen
Das viel zu weit mir aus der Patte hängt
Meinem Hemd das an der Brust so oft zerrissen
Und Algen nur wo Ringe nimmer weil’n
Der Echthaarperücke anwachsend zerschlissen
Und meinen zweien selben Mantelteil’n
Meinem Wadenpolster einzeln fort sich streckend,
Der Fieberstirn auf Augen die gefror’n
Viel zu vieles zeigend viel zu viel versteckend
Verlottert und zur Schande auserchor’n
In dem mürben Flackern letzter Leuchten seh ich
Zieht blanke Zeitungen ein Wirbelwind
Willst Du mir was sagen kleiner Strudel dreh ich
In deine Mitte mich bis raus ich’s find
So wurd ich in seinen Walzer eingeschlossen,
Da mich sein ewger Dreischritt tänzeln macht
Nacht und Stein wird alles hart in Schwarz gegossen
Und schwarzes Hart und Stein oh gute Nacht
Lied Vom Fensterbrett
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett wie einer letzten Stufe
Und wirbel’s Brillentuch mit ungehörtem Jubelrufe
Wenn nimmer neuer Wind die Lunge mir zum Raume blies
Warst Du doch mein oh Jungfrau rein wenn nichts es auch bewies
Dort draußen wandelt’s Mondgesicht ach darin einst wir schliefen
Zu wankelmütig Sonnen drunter Wüstenstürme triefen
Zum Spielzeug das von außen an die Scheibe sich genoppt
Daran sich zackt das Eisblümlein das hat mich so gefoppt
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett und reibe mir die Augen
Versteh nicht was ich tun nur soll und seh nicht zu was taugen
Als Sandmann uns in seinen Kasten setzte ohne Schuld
Zerwehte jede Form in unsrem Spiele voll Geduld
Oh Zeit war der Verheißung da wir schmolzen und Du bliest mich
Den Sand der Welt vergossen hohl Du presstest und verließt mich
Von Deinem diamantnem Berg oh Siebte Deiner Schwestern
Wolltst Du mich wie ich hing an ihr noch eine Flasche lästern
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett beschau den Wasserfall
Daraus der Ruß des Aschebrütend Seglers rüberschall
Ach trieb mich doch mein Flaschenschiff nur einmal noch zu Dir
Weil’s aber nicht kann sein mein Spiegelstar bleib ich allhier
Auch ich flög hoch und säumte nicht und täte doch wie der
Wenn ich zwei Flüglein hätte und wenn ich ein Vöglein wär
Doch sag mir kleine Fliege da mein Kopf vor Stößen bebt
Was ist Dein Ziel als Schatten warnend in die Sicht geklebt
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett da zieht heran zu blasen
Katrina Vorhut Omegas im schwindend licht zu lassen
Ivan die Segel streichen soll nur Igor übernehmen
Komm Vetter sollst Dich zu mir an mein Eckfenster bequemen
Sieh vor der Loge rechts und links textilienbedeckt
Die Glasbürger von Glasriket ein gläsern Meer erstreckt
Saphir vom leeren Throne in die Glasnosthütte gießen
Auf zu einer Kuppel blasen daran Flammen schießen
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett und mache sköne Oke
Dem Spiegelbild James Stewarts dass den Fernen nah es locke
Und sehe Divisionen von der Säge Stephen Hawkings
Der spielt sich all des Prinzen Perlen zu mit Richard Dawkins
Flog her die Sphinx und haucht wer hundertachzig Teile Asche
Von Algen Sandes sechzig fünf der Kreide nimmer nasche
Dem Schwein in seinen Rüffler das da wollt zur Schau sich stechen
Den Star und knirscht den Fluch der blinden Glasesser zu rächen
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett am venezianisch Spiegel
Wohinter wir vergessen so Goldoni sei uns Siegel
Darauf ihn Gozzi an der weißen Halseskrause würgt
Am Horos draus der Harlekin ein Doppelschmaus sich wirkt
Durchscheint da der goldne Marktplatz all den Sokratitern
Die mit den Phibionitern und vielen Borboritern
Zakchaiern und Koddianern streiten um das Wort
Und was mir noch geblieben war das nahmen sie mir fort
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett und seh die Splitter jagen
Die sich wie meine Brüder in die Augen falln und plagen
Und wär nicht zu durchdringen letzter Raum den Splittern grad
So reicht ich rettend die Pinzette aus dem Aggregat
Und steckte eine Bitte in die lückenlose Mauer
Verstünd den farbenfrohn Reflex aber ich bedauer
Zwischen Blei gegittert nimmt die Sicht mir das Gesicht
Bartimäus‘ schreind durchfalln von gnostischem Licht
Hier sitz ich auf dem Fensterbrett und bang ob ich gerecht werd
Dem aderlosen Auge mit dem unbekannten Brechwert
Das quietscht wischt mal verdutzte Tränen dran ein Fensterputzer
Der stetig auf der falschen Seite findet seinen Trutzer
Kann wachen nicht noch schlafen denn darüben läuft’s Verhör
Da fragt und fragt es Nacht und Tag und enden mag’s nicht mehr
Enttäuschen konnt ich nur und wie sich meine Künste rührten
Blieb der Täter unbestimmt bei all den Vorgeführten
Hier singe ich vom Fensterbrett und press die Nas mir platt
Und riech den Glückesboten an der Vielbeäugten statt
Seh schwinden wie gedankenfrei das allerletzte Bild
Aus Trauer dunstend Blau das gleich den Fischorganen schwillt
Hier drin kein Ding erfunden das zu seinem Zwecke dient
Um traurig mich zu machen kann da Flamme oder Wind
kann Sand und bald auch Wasser sein doch um mich zu erfreun
Müssten ach so viele nur an andrer Stelle sein
Wie Lebewohl Ich Kreisch
Kaum teilt ein eisiger Strahl die Nacht
Ein kleiner Schauer Scheidens nur
Der macht so plötzlich mich halb erwacht
Lässt falln zu rasch die Tempratur
Kaum zieht er frierend aus dem Flur –
Schon fern jedes Geräusch
Wie nie geboren und unsichtig
Wie nie gedacht und denkend kaum
Und hinter langem Schlaf herkünftig
Seh tasten ich nach meinem Traum
Mich selbst belehrt von Zeit und Raum –
Nur Leere ist so keusch
Was als ein Lidschlag ließ Ewigkeit
Ließ sie so fern nur hinter sich
Dass sie mein Mädchen uns nun entzweit
Wie soll´s begreiflich sein für mich
Das Mädel das ungreifbar wich –
War eben noch mein Fleisch
Schwind nur einmal noch auf dass ich seh
Wie Dir noch auf der Zunge lag
Das Lied das Fleisch wurde und vergeh
Als sei es Dein im Flügelschlag
Der letzten Taube in den Tag –
Wie Lebewohl ich kreisch
BACK TO KIRCHHOFF in MEDIATHEK
Comments are closed.