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An Milena Jesenská
Zunächst, Milena: was ist das für eine Wohnung, in der Sie Sonntags
geschrieben haben? Weitläufig und leer? Sie sind allein? Tag und Nacht?
Das muß allerdings trübselig sein dort allein an einem schönen
Sonntagnachmittag einem "fremden Menschen" gegenüber zu
sitzen, dessen Gesicht nur "beschriebenes Briefpapier" ist.
Wie viel besser habe ich es! Zwar ist mein Zimmer nur klein, aber die wirkliche
Milena ist hier, die Ihnen Sonntag offenbar entlaufen ist, und, glauben
Sie es, es ist wunderbar bei ihr zu sein.
Sie klagen über Nutzlosigkeit. An andern Tagen war es anders und wird
es anders sein. Der eine Satz bei welcher Gelegenheit ist er gesagt
worden?) entsetzt Sie, aber er ist doch so deutlich und in diesem Sinn
schon unzählige Male gesprochen oder gedacht worden. Der von seinen
Teufeln gequälte Mensch rächt sich eben besinnungslos an seinem
Nächsten. Sie wollten in solchen Augenblicken eben ganz erlöst
haben, ist es nicht gelungen, nennen Sie sich zwecklos. Wer darf so Lästerliches
wollen? Niemandem ist das noch gelungen, auch Jesus z. B. nicht. Er konnte
nur sagen: "Folge mir nach" und dann dieses große (das
ich leider ganz falsch citiere): tue nach meinem Wort und Du wirst sehn
dass es nicht das Wort eines Menschen, sondern Gottes Wort ist. Und
die Teufel jagte er nur aus den Menschen aus, die ihm folgten. Und auch
das nicht dauernd, denn fielen sie von ihm ab, verlor auch er Wirkung und
"Zweck". Allerdings - das ist das einzige, was ich Ihnen zugebe
- unterlag auch er der Versuchung.
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Freitag
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at