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An Felice Bauer

1. VII. 13
 


Meine liebste Felice, es ist richtig, ich habe jetzt die Auskunft von der Mutter überreicht bekommen. Es ist ein großes, ebenso grausliches wie urkomisches Elaborat. Wir werden noch darüber lachen. Ich wußte, dass es meine Mutter eingeholt hat. An dem Abend des Tages nämlich, an welchem Dein letztes Telegramrn gekommen war, ließ ich die Mutter den Brief lesen, den ich für Deinen Vater vorbereitet habe. Nun glaubte sie keine Zeit mehr verlieren zu Dürfen und bestellte, ohne mich mehr zu fragen, die Auskunft, zweifellos mit dein Vorbehalt, dass Du nichts davon erfahren dürftest. Nächsten Tag gestand sie es mir ein, ich nahm es nicht mehr wichtig und kümmerte mich nicht mehr darum. Nun ist es da, es ist wie von jemandem geschrieben, der in Dich verliebt ist. Dabei ist es unwahr in jedes Wort hinein. Ganz schematisch, es sind wahrscheinlich wahre Auskünfte überhaupt nicht zu bekommen, selbst wenn das Burcau die Wahrheit überhaupt erfahren könnte. Und trotzdem beruhigt es meine Eltern tausendmal mehr als mein Wort. -Denke nur, der Gewährsmann lügt sogar unverschämt, seiner Meinung nach zu Deinen Gunsten. Was glaubst Du, "hört man von Dir besonders"? "Man hört von Dir besonders, dass Du gut kochen kannst." So etwas! Natürlich weiß er nicht, dass Dir das in unserem Haushalt gar nicht nützen wird, oder dass Du wenigstens vollständig umlernen müßtest. Ich weiß es nicht, aber ich glaube doch - ich bin gestört worden und habe nur einen Augenblick noch Zeit - ich glaube doch, dass unsere Wirtschaft eine vegetarische sein wird, oder nicht? Du liebe Köchin, von deren Köchinnentüchtigkeit "man besonders hört."

Du, mir ist elend, ich gehe aus den Fugen, wenn sie mich dort im Süden nicht wieder zusammenbringen. Nach Westerland kann ich nicht kommen, mein Chef ist auf Urlaub, und selbst wenn ich Urlaub hätte, ich käme kaum, ich muß meinen ganzen Urlaub darauf verwenden, ein wenig hinaufzukommen, schon Dir zuliebe. -Wie denkst Du Dir die Reihenfolge: mein Brief an Deinen Vater und dann der Besuch meines Vaters oder lassen wir meinen Vater überhaupt weg? Du hast ja jetzt Zeit nachzudenken. Und versuche von mir zu gesunden, aber nicht vollständig.

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at