"Heimat" hat wieder einmal Hochkonjunktur. Seit Anfang der
70er Jahre häufen sich die Indizien dafür, dass in unseren
alttagsweltlichen Handlungszusammenhängen territoriale Bindungen an
Bedeutung gewinnen. Die lokale und die regionale Bezugsebene werden wieder
zu einem emotional wichtigen Orientierungsrahmen, der in
unterschiedlichsten Lebensbereichen als Kontext und Referenzgröße
individuellen Handelns und sozialer Interaktion wirksam wird. Für den
Einzelnen äußert sich dies in einer bejahenden Identifikation mit dem
eigenen engeren Lebensraum.
Das verstärkte Aufkommen lokaler
Bürgerinitiativen und Stadtteilbewegungen, eine Renaissance von
Heimatvereinen sowie verschiedenste Spielarten regionalistischer
Bewegungen deuten die politische Dimension dieser Entwicklung an, die eine
abscheuliche Übersteigerung in den aktuellen "ethnischen Säuberungen"
findet. Der territoriale Bezug des "neuen Regionalismus" äußert sich aber
auch in der Wiederentdeckung von Regionalkultur und ihrer gezielten
Vermarktung.
Wie kommt es, dass wir gerade heute, in
einer Zeit, in der Mobilität, personale Autonomie und Emanzipation einen
so hohen Rang in der Skala sozialer Werte einnehmen, mit derartigen längst
überwunden geglaubten Bindungen konfrontiert sind?