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An Robert Klopstock

[Postkarte. Berlin-Steglitz, Stempel: 19.XII.1923]
 

Lieber Robert, zuerst Fragen nach Roberts Art, aber wichtigere als er sie stellt: Mensa? Zähnen Übersetzungen? Sonstiger Verdienst? Zimmer? Prüfungen? Das würde vorläufig genügen. Was mich betrifft, so dürfen Sie doch, Robert, nicht glauben, dass mein Leben ein solches ist, wo man im beliebigen Augenblick die Freiheit und Kraft hat, zu berichten oder auch nur zu schreiben, da es doch Abgründe gibt, in die man versinkt ohne es zu merken, um dann wieder erst lange Zelt emporzukriechen besten Falls. Situationen zum Schreiben sind das nicht. - dass Sie in die Iwriah gehen wollen, ist sehr gut, vielleicht nicht nur in die Hebräischkurse, sondern auch zu der Talmudstunde (einmal wöchentlich!, Sie werden es nicht ganz verstehn, was tut es? Aus der Ferne werden Sie es hören, was sind es sonst, als Nachrichten aus der Ferne). Die Hochschule für jüdische Wissenschaft ist für mich ein Friedensort in dem wilden Berlin und in den wilden Gegenden des Innern. (Gerade werde ich nach meinem Zustand gefragt und kann vom Kopf nichts sagen, als dass er "löwenmäßig frisiert" ist.) Ein ganzes Haus schöne Hörsäle, große Bibliothek, Frieden, gut geheizt, wenig Schüler und alles umsonst. Freilich bin ich kein ordentlicher Hörer, bin nur in der Präparandie und dort nur bei einem Lehrer und bei diesem nur wenig, so dass sich schließlich alle Pracht wieder fast verflüchtigt, aber wenn ich auch kein Schüler bin, die Schule besteht und ist schön und ist im Grunde gar nicht schön, sondern eher merkwürdig bis zum Grotesken und darüber hinaus bis zum unfaßbar Zarten (nämlich das Liberalreformerische, das Wissenschaftliche des Ganzen). Aber genug davon. - dass Sie Pua sehen werden, ist sehr gut, vielIeicht erfahre ich dann etwas über sie. Sie ist mir unerreichbar seit Monaten. Was habe ich ihr nur getan? - Alles Gute

F


Ein anderer Hörer will noch einen Gruß mitschicken:

[Gruß und Unterschrift D]


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at