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An Else Bergmann
Liebe, liebe Frau Else,
nicht nur die Schwierigkeit, den alle paar Tage wechselnden Postetarif
zu erfahren, verzögert den Brief. Ich weiß, dass ich jetzt
ganz gewiß nicht fahren werde - wie könnte ich denn fahren -
aber dass mit Ihrem Brief förmlich das Schiff an der Schwelle
meines Zimmers anlegt und Sie dort stehen und mich fragen und mich so fragen,
das ist nichts Geringes. Übrigens sagen Sie selbst - unbegreiflich
nahe mit der abseitigen Sache beschäftigt - zum Teil die Antwort auf
Ihre Frage. Es wäre, vorausgesetzt, dass etwas derartiges überhaupt
für mich durchführbar wäre, keine eigentliche Palästinafahrt
jetzt geworden, ganz und gar nicht - dazu, was es geworden wäre, kann
ich jetzt nicht kommen, denn eben kommt Ihr Einschreibebrief in der dummen,
dummen Sache. Erstens: hätte ich gewußt, dass das Buch
überhaupt irgendeinen Wert für Sie hat, wäre mir nicht eingefallen,
darum zu schreiben und ich wäre einfach stolz und froh gewesen, dass
es mit Ihnen nach Palästina schwimmt. Zweitens: Das Buch wäre
mir gar nicht eingefallen, wenn es hier, wo ich ein wenig in gärtnerischer
Atmosphäre bin, nicht mit besonderem Lob erwähnt worden wäre.
Drittens: wie es die Mutter auch gemacht haben mag - so wie ich wollte,
leider gewiß nicht, was daran schlecht war, war gewiß nicht
gegen Sie persönlich gerichtet, bitte glauben Sie es, sondern gegen
die "palästinensische Gefahr". Und damit verlassen wir
diese Sache, allerdings nicht ohne die Bitte, dass Sie dem Buch, wenn
Sie es benützen, die Freude ansehen, mit der es Ihnen im Namen seines
früheren Besitzers dient, trotzdem Sie es ihm wahr und wahrhaftig
abgekauft haben. - Also zurück: es wäre keine Palästinafahrt
geworden, sondern im geistigen Sinne etwas wie eine Amerikafahrt eines
Kassierers, der viel Geld veruntreut hat, und dass die Fahrt mit Ihnen
gemacht worden wäre, hätte die geistige Kriminalität des
Falles noch sehr erhöht. Nein, so hätte ich nicht fahren dürfen,
selbst wenn ich es hätte können - wiederhole ich, und: "alle
Plätze sind schon vergeben" fügen Sie hinzu. Und wieder
fängt die Lockung an und wieder antwortet die absolute Unmöglichkeit
und so ist es, wie traurig es auch ist, letzten Endes doch sehr recht.
Und die Hoffnung bleibt für später und Sie sind gut und stören
sie nicht.
Leben Sie wohl und bleiben Sie mir gut
Ihr K.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at