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An Robert Klopstock

[Postkarte. Planá, Stempel: 26. VI. 1922]
 

Lieber Robert, die Fahrt dank Ihrer Hilfe war sehr gut, nur dass das Fräulein im Coupá mir die Enttäuschung darüber nicht verziehen hat, dass Sie nicht mitgefahren sind, wie es anfangs scheinen wollte. Hier bin ich sehr gut aufgenommen worden, Ottla, die Sie herzlich grüßen läßt, sorgt für mich nicht weniger als für Věra und das ist doch sehr viel, aber da es in Planá lebendige Menschen und Tiere gibt, ist auch hier Lärm, der aus dem Schlaf schreckt und den Kopf verwüstet, sonst aber ist es außerordentlich schön mit Wald rund Fluß und Gärten. Auch mit Ohropax, dessen Besitz zumindest ein wenig tröstet, und das, ins Ohr gesteckt, heute morgen das sonntägliche Waldhornblasen eines Bauernjungen zwar nicht unhörbar gemacht hat, ihn aber veranlaßt hat, endlich aufzuhören. Warum stört jede Freude des einen die Freude des andern. Auch mein Beim-Tisch-Sitzen hat Ottla aus ihrem bisherigen großen zweifenstrigen warmen Zimmer in ein kleines kühles mit Kind und Mädchen getrieben, während ich im großen Zimmer throne und unter dem Glück einer vielköpfigen Familie leide, die mit unschuldigem Lärm fast unter meinem Fenster Heu wendet.

Wie leben Sie?

Ihr K


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at