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An Robert Klopstock

[Postkarte. Prag, Stempel: I. III. 1922]
 

Lieber Robert, es ist ja gar nichts, es ist ja, wenn nur ein wenig Einsicht in die wahren Verhältnisse in Ihren Briefen sich zeigt, alles sofort gut. Sie müssen eben nur wissen, dass Sie an einen armen kleinen von allen möglichen bösen Geistern besessenen Menschen schreiben (ein unzweifelhaftes Verdienst der Medizin ist es, dass sie statt des Begriffes der Besessenheit den tröstenden Begriff der Neurasthenie eingeführt hat, wodurch sie allerdings die Heilung erschwert, und außerdem die Frage offen gelassen hat, ob Schwäche und Krankheit dis Besessenheit herbeiführen oder ob nicht vielmehr Schwäche und Krankheit ein Besessenheitsstadium schon sind, die Präparierung des Menschen zum Ruhe- und Lust-Lager der unsaubern Geister) und den man quält, wenn man das nicht anerkennt, mit dem sich aber doch sonst erträglich auskommen läßt. - Beim Paßamt ist es mir heute ganz mißlungen, trotzdem ich dort heute früher war als voriges Mal, ist es so sehr überfüllt gewesen, dass man mich weggeschickt hat. Ich werde morgen früher hingehen. Für die Gebührenbefreiung ist wenig Hoffnung, meine Schwester hat ja, wie sie mir jetzt sagt, schon vorigesmal es vergebens versucht. Und nun schicken Sie mir statt des Armutszeugnisses eine Photographie, auf der Sie aussehn wie einjunger Adeliger, irgendein Sohn Ludendorffs.

Herzlichst

K


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at