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An Milena Jesenská
Aber nach dem Fahrplan ist es ja viel besser noch als ich dachte, hoffentlich
stimmt der Fahrplan, also so ist es:
I. Möglichkeit, die viel schlechtere: Ich fahre um 4.12 Samstag nachmittag
hier weg, bin 11.10 abends in Wien, wir haben Stunden für uns, denn
ich fahre Sonntag früh um Uhr weg. Die Voraussetzung der 7 Stunden
ist allerdings dass ich die Nacht vorher (keine leichte Aufgabe) ein
wenig geschlafen habe, sonst hast Du vor Dir nur ein armes krankes Tier.
II. Möglichkeit, die durch den Fahrplan geradezu prachtvoll geworden
ist: Ich fahre auch 4.12 von hier fort, bin aber schon (schon! schon!)
7.28-abend in Gmünd. Selbst wenn ich Sonntag mit dem Vormittagsschnellzug
wegfahre ist es erst um 10.46, wir haben also über 15 Stunden, von
denen wir auch einige schlafen können. Aber es wird noch besser. Ich
muß nicht einmal mit diesem Zug fahren, nachmittag um 4.38 fährt
noch ein Personenzug nach Prag, mit dem würde ich also fahren. Das
wären also 21 gemeinsame Stunden und die können wir (bedenke!)
wenigstens theoretisch, jede Woche haben.
Es ist nur ein Haken dabei, ich glaube aber kein ernstlicher, jedenfalls
müßtest Du Dich danach erkundigen. Der Gmündner Bahnhof
ist nämlich tschechisch, die Stadt österreichisch; sollte die
Paßdummheit so weit getrieben werden, dass ein Wiener zum Passieren
des tschechischen Bahnhofes einen Paß braucht? Dann müßten
aber doch auch die Gmündner die nach Wien fahren, einen Paß
mit tschechischem Visum haben, das kann ich doch nicht glauben, das wäre
ja geradezu gegen uns gerichtet [. . .][ ca. 10 Wörter unleserlich
gemacht]. Es ist ja schon schlimm genug, dass ich vielleicht eine
Stunde lang auf die Zollrevision in Gmünd werde warten müssen,
ehe ich aus dem Bahnhof darf und die 21 Stunden werden dadurch verkleinert.
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Anschließend an diese großen Dinge ist allerdings nichts zu
schreiben. Vielen Dank jedenfalls dass Du mich auch heute nicht ohne
Brief gelassen hast, aber morgen? Telephonieren werde ich nicht weil es
erstens zu aufregend ist und zweitens unmöglich ist (ich habe mich
schon einmal erkundigt) und weil wir uns drittens [. . . ] [ein oder
mehrere Wörter unleserlich gemacht]bald sehen werden. Leider hatte
Ottla heute keine Zeit wegen des Passes zur Polizeidirektion zu gehn, morgen.
Ja, mit den Marken machst Du es ausgezeichnet (leider habe ich die Expressbriefmarken
irgendwo verlegt, der Mann hat fast zu weinen angefangen, als ich es ihm
sagte). Den Dank für meine Marken hast Du Dir allerdings ein wenig
leicht gemacht, aber mich freut auch das undzwar so, dass ich Dir
noch, denke, Legionärsmarken schicken werde. Zum Märchen erzählen
habe ich heute keine Lust. Mein Kopf ist wie ein Bahnhof, Züge fahren
ab, fahren ein, Zollrevision, der Ober-Grenz-Inspektor lauert auf mein
Visum, aber diesmal ist es richtig, bitte, hier ist es; "ja, es ist
gut, hier geht es aus dem Bahnhof hinaus." "Bitte Herr Ober-Grenz-Inspektor,
wären Sie noch so freundlich die Tür mir aufzumachen, ich kann
sie nicht aufmachen. Bin ich vielleicht so schwach, weil [. . .][2 Wörter
unleserlich gemacht ] Milena draußen wartet?" "O
bitte" sagt er "das habe ich ja nicht gewußt."
Und die Tür fliegt auf -
Montag
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at