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An Milena Jesenská
Nur paar Worte zu Stašas Brief, der Onkel, sonst sehr lieb, jetzt
ein wenig störend, wartet auf mich. Nun Stašas Brief, er ist
doch sehr freundlich und herzlich, nur irgendeinen Mangel hat er doch,
irgendeinen kleinen vielleicht nur formalen Mangel (wobei nicht gesagt
ist, dass die Briefe ohne diesen Mangel herzlicher gemeint sind, vielleicht
eher das Gegenteil), immerhin etwas fehlt darin oder ist darin zu viel,
vielleicht ist es die Überlegungskraft, die übrigens vom Mann
zu stammen scheint, denn gerade so sprach er gestern mit mir und heute
dagegen, wo ich ihn wegen meines gestrigen Mißtrauens (z Kafky to
vytáhl) [ vom Kafka hat er das herausbekommen] um Verzeihung bitten
und ein wenig mich ausschütten wollte, schickte er mich in aller Herzlichkeit
mit Stašas Brief und dem Hinweis auf das Rendezvous, das Staša
mir für Montag verspricht, fast fort. Aber wie spreche ich denn von
diesen doch wirklich guten Leuten? Eifersucht, wirklich es ist Eifersucht,
doch verspreche ich Dir Milena niemals Dich mit ihr zu plagen, nur mich,
nur mich. Aber ein Mißverständnis scheint mir doch in dem Brief
zu sein, Du wolltest doch von Staša weder geradezu Rat, noch sie geradezu
mit Deinem Mann sprechen lassen, Du wolltest zunächst doch das durch
nichts zunächst Ersetzbare: ihre Gegenwart. So schien es mir. Und
die Geldfrage hat gar keine Bedeutung, das sagte ich dem Mann schon gestern.
Nun ich werde ja mit Staša Montag sprechen (außerdem ist Jilovský
heute sehr zu entschuldigen, er ist sehr in Geschäften, Pittermann
und Ferensz Futurista saßen am gleichen Tisch und
warteten schon ungeduldig auf den Beginn der Konferenz wegen eines neuen
Kabarets). Wirklich wenn der Onkel nicht wartete, ich würde den Brief
zerreißen und einen neuen schreiben, besonders da doch in Stašas
Brief eine Stelle steht, die alles heiligt, für mich: s Kafkou žit
[mit Kafka leben].
Hoffentlich bekomme ich heute noch eine Nachricht von Dir. Man ist übrigens
ein Kapitalist der gar nicht von allem weiß, was er hat. Jetzt nachmittag
als ich im Bureau vergebens nach Nachrichten fragte, brachte man mir einen
Brief von Dir, der kurz nach meiner Abreise nach Meran angekommen (übrigens
nebst einer Karte von Přibram) war, es war sonderbar zu lesen.
Dein
Vermutlich Brief Nr. 13
1] Pittermann: E. A. Pittermann (1885-1936), unter
dem 102 Künstlernamen Emil Artur Longen bekannter Schauspieler, Regisseur
und Publizist, enger Freund Jaroslav Hašeks.
2] Ferenc Futurista: (eigtl. František Fiala),
(1891-1947)) bekannter Prager Komiker und auch Regisseur.
Freitag
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at