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An Felix Weltsch
Lieber Felix, besten Dank Dir, und Fürth natürlich
auch. So ist es sehr gut. Die Sache wird gelingen, so wie sie ohne alle
Mithilfe gelungen wäre; ich habe mich mit meiner Mithilfe gemeldet,
habe ausdrücklich gesagt, dass ich dieser Hilfe nur wenig vertraue,
werde es auch nachher wiederholen und doch wird ein wohltätiger lügenhafter
Glanz auf mir bleiben, sogar dann wenn die Sache selbst mißlingt.
Woher kommt diese Lüge?
dass ich Deine Vorträge nicht hören werde, ist für
mich eine Entbehrung, umsomehr, als Du Dich offenbar zu dem Wichtigsten
aussprechen wirst. Könntest Du mich nicht irgendwie teilnehmen lassen?
Hast Du nicht z. B. für den ersten Vortrag "Literatur und Religion"
irgendeinen lesbaren Entwurf oder Grundriß?
Was Du über Zürau nach der Ansichtskarte bemerkst, ist richtig.
Ordnung ist hier in Tag- und Jahreszeiten, und kann man sich ihr einfügen
ist es gut. Auch die Kirche hat einige Bedeutung. Letzthin war ich bei
der Predigt, sie war geschäftsmäßig-einfältig, aus
der besprochenen Bibelstelle Lukas 2, 41-52, wurden drei Lehren gezogen:
I. die Eltern sollen ihre Kinder nicht draußen im Schnee spielen
lassen, sondern in die Kirche mitnehmen (seht, die leeren Bänke!);
2. die Eltern sollen um ihre Kinder so besorgt sein, wie das heilige Paar
um seines (und dabei war es doch das Jesuskind, um das man eigentlich keine
Sorge haben mußte); 3. die Kinder sollen so fromm mit ihren Eltern
sprechen, wie Jesus mit seinen. Das war alles, denn es war sehr kalt, aber
irgendeine letzte Kraft war doch noch im Ganzen. Und gestern z. B. war
Begräbnis, es handelte sich um einen armen Mann aus einem Nachbardorf,
das noch ärmer als Zürau ist, aber es war sehr feierlich, wie
es auf dem großen Marktplatz im Schnee nicht anders sein kann. Der
Wagen kann wegen eines den halben Platz durchziehenden Grabens nicht gleich
zur Kirche fahren, sondern muß einen großen Kreis um den Gänseteich
fahren. Die Trauergäste, eben das ganze Nachbardorf, standen schon
längst an der Kirchentür und noch immer fuhr der Wagen seinen
Kreis langsam weiter, eine kleine zusammengefrorene, förmlich von
einem Blasinstrument umschlungene Musikkapelle vor sich und hinter sich
die Feuerwehr (auch unser Schaffer darunter) im ruhigen Ackerpferdeschritt.
Und ich lag an meinem Fenster im Liegestuhl und sah das zu meiner Belehrung
an, eben als Anwohner der Kirche.
Herzliche Grüße, viel Glück für die Vorträge
Franz
Fürth: Walther Fürth, Mitglied des Kreises,
der sich im Café Arco traf.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at