Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

[Tagebuch, 9. August 1917; Donnerstag]

9 Aug. (1917)

Der Reisende machte eine unbestimmte Handbewegung, ließ von seinen Bemühungen ab, stieß die Zwei wieder vom Leichnam fort und wies ihnen die Kolonie, wohin sie sofort gehen sollten. Mit gurgelndem Lachen zeigten sie dass sie allmählich den Befehl verstanden, der Verurteilte drückte sein mehrfach überschmiertes Gesicht auf die Hand des Reisenden, der Soldat klopfte mit der Rechten - in der Linken schwenkte er das Gewehr - dem Reisenden auf die Schulter, alle drei gehörten jetzt zusammen.

Der R. mußte gewaltsam das ihn überkommende Gefühl abwehren, dass in diesem Fall eine vollkommene Ordnung geschaffen sei. Er wurde müde und gab den Plan auf, den Leichnam jetzt zu begraben. Die Hitze die noch immer im Steigen begriffen war - nur um nicht ins Taumeln zu geraten, wollte der R. nicht den Kopf nach der Sonne heben - das plötzliche endgültige Verstummen des Offiziers, der Anblick der zwei drüben, die ihn fremd anstarrten und mit denen er durch den Tod des Off. jede Verbindung verloren hatte, endlich diese glatte maschinenmäßige Widerlegung, welche die Meinung des Off. hier gefunden hatte - alles dieses - der R. konnte nicht länger aufrecht stehn und setzte sich auf den Rohrsessel nieder. Hätte sich sein Schiff durch diesen weglosen Sand hierher zu ihm geschoben, um ihn aufzunehmen, - es wäre am schönsten gewesen. Er wäre eingestiegen, nur von der Treppe aus hätte er noch dem Offizier einen Vorwurf wegen der grausamen Hinrichtung des Verurteilten gemacht. Ich werde es zuhause erzählen hätte er noch mit erhobener Stimme gesagt, damit es auch der Kapitän und die Matrosen hörten die sich oben neugierig über das Bordgeländer beugten. "Hingerichtet?" hätte daraufhin der Offizier mit Recht gefragt. "Hier ist er doch" hätte er gesagt und auf des Reisenden Kofferträger gezeigt. Und tatsächlich war dies der Verurteilte, wie sich der R. durch scharfes Hinschauen und genaues Prüfen der Gesichtszüge überzeugte. "Meine Anerkennung" mußte der R. sagen und sagte es gern. "Ein Taschenspielerkunststück?" fragte er noch. "Nein" sagte der O. "ein Irrtum ihrerseits ich bin hingerichtet, wie Sie es befahlen. " Noch aufmerksamer horchten jetzt Kapitän und Matrosen. Und sahen sämtlich wie jetzt der O. über seine Stirn hinstrich und einen krumm aus der geborstenen Stirn vorragenden Stachel enthüllte.

Es war schon die Zeit der letzten größeren Kämpfe welche die amerikanische Regierung mit den Indianern zu führen hatte. Das am weitesten in das Indianergebiet vorgeschobene Fort - es war auch das stärkste - wurde von General Samson befehligt, der sich hier schon vielfach ausgezeichnet hatte und das unbeirrbare Vertrauen des Volkes und der Soldaten besaß. Der Ruf "General Samson! " war gegenüber einem einzelnen Indianer fast so viel wert wie eine Büchse.

Eines Morgens wurde von einer Streiftruppe im Wald ein junger Mensch aufgegriffen und gemäß dem allgemeinen Befehl des Generals, der sich auch um die geringsten Dinge persönlich kümmerte, ins Hauptquartier gebracht. Da der General gerade mit einigen Farmern aus dem Grenzgebiet eine Beratung hatte, wurde der Fremde zunächst vor den Adjutanten den Oberstleutnant Otway geführt.

"General Samson! " rief ich und trat taumelnd einen Schritt zurück. Er war es, der hier aus dem hohen Busche trat. "Still" sagte er und wies hinter sich. Ein Gefolge von etwa 10 Herren stolperte ihm nach.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at