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Kurt Wolff an Franz Kafka, Prag, Pořič 7


1. September [19]17.
 

Sehr geehrter Herr Kafka!

Max Brod wird Ihnen meine besten Grüße überbracht haben. Es war mir große Freude, durch ihn einmal wieder unmittelbar von Ihnen zu hören.

Ich nahm im Zusammensein mit Dr. Brod auch Gelegenheit von meinen verlegerischen Absichten mit Ihren neuen Arbeiten zu sprechen und möchte meine Vorschläge hier gern noch einmal wiederholen: in dem Gefühl, dass eine Vereinigung der kleinen Prosaschriften, die Sie unter dem Gesamttitel "Der Landarzt" zusammenfassen wollten mit der großen Erzählung "Die Strafkolonie" in einem Buch redaktionell nicht sehr glücklich wäre, möchte ich gern vorschlagen, "Die Strafkolonie" gleichzeitig mit den kleinen Prosastücken, aber in einem gesonderten Bande für sich herauszubringen. Ich verhandle eben mit der Druckerei Poeschel & Trepte, ob sie in der Lage ist, diese beiden Bücher sogleich in Angriff zu nehmen und zwar in der gleichen für mein Gefühl wunderschönen Druckausstattung, in der seinerzeit "Die Betrachtung" erschien. Wären Sie grundsätzlich mit dieser Absicht einverstanden? Ich setzte Dr. Brod auseinander, warum ich gewisse Hemmungen hatte und noch habe, "Die Strafkolonie" als Heft des Jüngsten Tag für einen Preis von 80 Pfg. zu veröffentlichen: dass ich niemals daran gedacht habe auf die Veröffentlichung dieser Arbeit, die ich außerordentlich bewundere und hochschätze, überhaupt zu verzichten, versteht sich ja von selbst.

Ich würde mich freuen bald zu hören wie Sie sich zu meinen Vorschlägen stellen.

Inzwischen grüße ich Sie herzlich und ergeben


[Kurt Wolff]




"Die Strafkolonie": Siehe Anmerkung zum Brief Kafkas an den KWV vom 28.VII.1916.


Poeschel &Trepte: Druckerei in Leipzig, die viele Bücher des KWV gedruckt hat, u. a. auch "Ein Landarzt".


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at