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Kurt Wolff an Franz Kafka, Prag, Pořič 7
Sehr geehrter Herr Kafka!
Max Brod wird Ihnen meine besten Grüße überbracht haben.
Es war mir große Freude, durch ihn einmal wieder unmittelbar von
Ihnen zu hören.
Ich nahm im Zusammensein mit Dr. Brod auch Gelegenheit von meinen verlegerischen
Absichten mit Ihren neuen Arbeiten zu sprechen und möchte meine Vorschläge
hier gern noch einmal wiederholen: in dem Gefühl, dass eine Vereinigung
der kleinen Prosaschriften, die Sie unter dem Gesamttitel "Der Landarzt"
zusammenfassen wollten mit der großen Erzählung "Die
Strafkolonie" in einem Buch redaktionell nicht sehr glücklich
wäre, möchte ich gern vorschlagen, "Die Strafkolonie"
gleichzeitig mit den kleinen Prosastücken, aber in einem gesonderten
Bande für sich herauszubringen. Ich verhandle eben mit der Druckerei
Poeschel & Trepte, ob sie in der Lage ist, diese beiden
Bücher sogleich in Angriff zu nehmen und zwar in der gleichen für
mein Gefühl wunderschönen Druckausstattung, in der seinerzeit
"Die Betrachtung" erschien. Wären Sie grundsätzlich
mit dieser Absicht einverstanden? Ich setzte Dr. Brod auseinander, warum
ich gewisse Hemmungen hatte und noch habe, "Die Strafkolonie"
als Heft des Jüngsten Tag für einen Preis von 80 Pfg. zu veröffentlichen:
dass ich niemals daran gedacht habe auf die Veröffentlichung
dieser Arbeit, die ich außerordentlich bewundere und hochschätze,
überhaupt zu verzichten, versteht sich ja von selbst.
Ich würde mich freuen bald zu hören wie Sie sich zu meinen Vorschlägen
stellen.
Inzwischen grüße ich Sie herzlich und ergeben
[Kurt Wolff]
"Die Strafkolonie": Siehe Anmerkung
zum Brief Kafkas an den KWV vom 28.VII.1916.
Poeschel &Trepte: Druckerei in Leipzig, die viele
Bücher des KWV gedruckt hat, u. a. auch "Ein Landarzt".
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at