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Franz Kafka an den Kurt Wolff Verlag (G. H. Meyer)


Prag, am 10. August. 1916
 

Sehr geehrter Herr Meyer!

Aus der mich betreffenden Bemerkung in einem Brief an Max Brod sehe ich, dass auch Sie daran sind, von dem Gedanken an die Herausgabe des Novellenbuches abzugehen. Ich gebe Ihnen unter den gegenwärtigen Verhältnissen durchaus Recht, denn es ist jedenfalls höchst unwahrscheinlich, dass Sie das verkäufliche Buch, das Sie wollen, mit diesem Buch erhalten würden. Dagegen wäre ich sehr damit einverstanden, dass die "Strafkolonie" im "Jüngsten Tag" herauskommt, dann aber nicht nur die "Strafkolonie" sondern auch das "Urteil" aus der "Arkadia", und zwar jede Geschichte in einem eigenen Bändchen. In dieser letzteren Art der Herausgabe liegt für mich der Vorteil gegenüber dem Novellenbuch, dass nämlich jede Geschichte selbständig angesehen werden kann und wirkt. Falls Sie mir zustimmen, würde ich bitten, dass zuerst das "Urteil", an dem mir mehr als an dem andern gelegen ist, erscheint; die "Strafkolonie" kann dann nach Belieben folgen. Das "Urteil" ist allerdings klein, aber kaum wesentlich kleiner als "Risse" oder "Schuhlin"; im Druck der "Fledermäuse" dürfte es über 30 Seiten haben, die "Strafkolonie" über 70 Seiten.

Mit besten Grüßen Ihr sehr ergebener


F Kafka




"Urteil": Bd. 34 des Jüngsten Tags, 1916. Vgl. Anmerkung zu Kafkas Brief an Kurt Wolff vom 8. III. 1913


"Fledermäuse": Gustav Meyrink "Fledermäuse", Sieben Geschichten. Leipzig: KWV 1916.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at