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Postkarte an Felice Bauer

[Prag,] 22.XII.16
 


Liebste, schon einige Tage keine Nachricht. Gestern ging das Paket an Muzzi ab, sehr hübsch, nur den Fehler hat es, dass kein passendes Spiel gefunden wurde und deshalb ein Steinbaukasten geschickt wurde. Aber das Übrige macht diese Ungeschicklichkeit wieder gut. Gestern habe ich das Jugendschriftenverzeichnis Dir geschickt, heute ein Kinderbuch, nach und nach wird es sich doch zusammenfinden. Die Handschuhe allerdings liegen noch bei mir. Der Bekannte fährt erst nächste Woche. Ich habe wieder Wohnungssorgen, die ich Dir nächstens einmal im ganzen entwicklungsmäßig erzählen muß. Sonst geht es mir verschiedenartig, gesundheitlich jedenfalls besser. Gestern wurde ich an München erinnert, Kölwel schickte mir drei Gedichte. Sie kommen gewiß aus einem reinen in vielem Sinn unschuldigen Herzen, aber in München schienen sie schöner zu sein als hier. Was die letzthin erwähnte Schamlosigkeit betrifft (übrigens gefällt mir der Name Blumstein als solcher: das Sanfte und das Harte nebeneinander, und außerdem hat das Sanfte zwei seiner Buchstaben geopfert, um sich weiter an das Harte zu legen), für die Schamlosigkeit in dieser Hinsicht bin ich durch einen Brief des Schauspielers Löwy (ich habe Dir doch schon oft von ihm erzählt) bestraft worden[3]. Er hat jetzt in Budapest sehr guten Erfolg und macht mir geradezu -, wilde (gewiß nicht ganz gerechte) Vorwürfe, ich hätte hier nicht genug für ihn getan, nur mit ihm gespielt.




Ich habe wieder Wohnungssorgen...: Vgl. Brief von Ende Dezember 1916 / Anfang Januar 1917, S. 749.


Kölwel schickte mir drei Gedichte: Vgl. den Brief an Gottfried Kölwel vom 3. Januar 1917, in dem er sich für den Empfang der Gedichte bedankt. Briefe, S. 153 f.


erwähnte Schamlosigkeit: Die Karte, die von dieser >Schamlosigkeit< berichtet, ist offenbar nicht erhalten.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at