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Postkarte an Felice Bauer

[Prag,] 3.XI.16
 


Liebste, also es war nur Drohung, die Angst machen sollte. Das hat sie auch gemacht. Aber nun kommst Du also. Die Genehmigung ist allerdings noch nicht ganz gesichert, die Manuskripte sind ja erst Montag dort angekommen. Es macht mich noch immer nervös und um die Wahrheit zu sagen, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es genehmigt wird, so umschuldig es in seinem Wesen ist. Jedenfalls telegraphiere ich Dir im Falle einer Verhinderung, vorläufig freue ich mich in der Hoffnung, Dich so bald zu sehn. Unsere Züge vereinigen sich - ich habe leider das große Kursbuch nicht bei der Hand und urteile nur beiläufig nach der Karte - etwa bei Wiesau, also etwa zwischen 1 und 2 Uhr mittags. Ein großer Zeitgewinn, wenn ich Dich schon im Zuge treffe. Natürlich wohne auch ich (aus Aberglauben mache ich hier wieder den obigen Vorbehalt) im Bayerischen Hof. - Das Chanukafestspiel werde ich kaum auffinden können. Das einzige Mädchen, von dem ich erhoffen konnte, dass sie etwas haben wird (sie hat voriges Jahr im hiesigen ostjüdischen Kindergarten ein Spiel mit den Kindern eingeübt; ich war damals mit meinem Neffen dort, das für ganz kleine Kinder berechnete Stück war übrigens recht unbrauchbar, das Mädchen selbst ist allerdings außerordentlich), also auch dieses Mädchen hat nichts. Im Jüdischen Verlag soll ein Chanukabuch erscheinen, vielleicht zeigt man Dir die Bürstenabzüge.

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at