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Postkarte an Felice Bauer
Liebste, so ist es schön, wenn auch auf die Dauer unmöglich:
heute kam Dein Dienstagbrief. -Wäre meine Reise nur schon so gesichert,
wie es Deine glücklicherweise scheint, aber da gibt es noch widerlich
viel Hindernisse, entschieden ist es noch lange nicht. Übrigens ist
auch die Reiseverbindung gerade mit München recht schlecht. Ich fahre,
glaube ich, um 8 Uhr früh etwa weg (einzige Verbindung) und komme
um 6 Uhr 24 abend erst an, also erst Freitag abend. Über die Rückfahrt
bin ich noch nicht im klaren, ich fürchte aber, ich muß schon
Sonntag um 7 Uhr früh wegfahren, es gibt keine Nachtverbindung und
mehr als 2 Tage darf ich nicht verlangen. Über die Weihnachtsreise
sprechen wir dann, ich will uns vor niemandem verstecken, ich fürchte
niemanden, nur meine Eltern, diese aber gewaltig. Mit Dir beim Tische der
Eltern sitzen (jetzt natürlich, später mag es ganz einfach werden)
muß mich bis ins Innerste quälen. Aber auch diese Augenblicke
werden nebensächlich sein neben dem Glück Dir, Dir allein Prag
zu zeigen, besser, näher, ernster als jemals früher. - Schlechte
Nachrichten vom Heim, darüber nächstens. Bin ich übrigens
nicht musikalisch? Der Satz: "Ich fühle mich unter den Kindern
sehr wohl und eigentlich viel besser am Platze als im Bureau" klingt mir
als allerbeste Musik im Ohr. Wie findet sich Frl. Bloch mit ihnen ab?
Von der Volkshochschule weiß ich noch nichts, ich bat Dich einmal
um nähere Angaben, Du hast sie mir nicht geschickt.
Franz
[am Rande] Den Jahresbericht habe ich noch nicht bekommen.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at