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Postkarte an Felice Bauer

[Prag,] 26. Juli 16
 


Meine Liebste, gut dass manche meiner Karten gemeinsam kommen, es gibt dann einen Ausgleich, beherrschen kann ich mich im Augenblick des Schreibens so schlecht. - Es ist ein Irrtum, wenn Du glaubst, dass ich mit Deinem Leben ohne Mittagessen zufrieden bin. Das ist vielmehr eine sehr schlechte Einrichtung, mit der ich mich erst zufriedengeben werde, wenn Du mir eine genaue Aufstellung des täglichen Speisezettels schickst. Es wird doch irgendeine Wirtschaft in der Nähe geben, die etwas Eßbares herstellt. Schreibe mir jedenfalls darüber. Die Vorstellung des Cacaos und des Brötchens, von dem Du Dich den Tag über nährst (übrigens ohne auch nur annähernd zu fletschern) [1] macht mich fast trübsinnig, besonders wenn ich demgegenüber Deine überreichliche Arbeit stelle. - Die Geschichte werde ich jetzt nicht schicken, es ist zu umständlich, sie gehört Dir ebensogut, wenn sie bei mir ist. - Mußt Du denn selbst in die Fabrik laufen, kann nicht jemand von dort zu bestimmten Stunden herüberkommen und nachfragen?

Viele Grüße Franz




fletschern: Nach dem Namen des amerikanischen Gesundheitspredigers Horace Fletcher (1849-1819), der besonders das gründliche Kauen der Nahrung empfahl.


Die Geschichte: Vermutlich die Erzählung "Blumfeld, ein älterer Junggesellen, aus der er ihr in Marienbad vorgelesen hatte.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at