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Postkarte an Felice Bauer
Meine Liebste, gut dass manche meiner Karten gemeinsam kommen, es
gibt dann einen Ausgleich, beherrschen kann ich mich im Augenblick des
Schreibens so schlecht. - Es ist ein Irrtum, wenn Du glaubst, dass
ich mit Deinem Leben ohne Mittagessen zufrieden bin. Das ist vielmehr eine
sehr schlechte Einrichtung, mit der ich mich erst zufriedengeben werde,
wenn Du mir eine genaue Aufstellung des täglichen Speisezettels schickst.
Es wird doch irgendeine Wirtschaft in der Nähe geben, die etwas Eßbares
herstellt. Schreibe mir jedenfalls darüber. Die Vorstellung des Cacaos
und des Brötchens, von dem Du Dich den Tag über nährst (übrigens
ohne auch nur annähernd zu fletschern) [1] macht
mich fast trübsinnig, besonders wenn ich demgegenüber Deine überreichliche
Arbeit stelle. - Die Geschichte werde ich jetzt nicht
schicken, es ist zu umständlich, sie gehört Dir ebensogut, wenn
sie bei mir ist. - Mußt Du denn selbst in die Fabrik laufen, kann
nicht jemand von dort zu bestimmten Stunden herüberkommen und nachfragen?
Viele Grüße Franz
fletschern: Nach dem Namen des amerikanischen Gesundheitspredigers
Horace Fletcher (1849-1819), der besonders das gründliche Kauen der
Nahrung empfahl.
Die Geschichte: Vermutlich die Erzählung "Blumfeld,
ein älterer Junggesellen, aus der er ihr in Marienbad vorgelesen hatte.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at