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Postkarte an Felice Bauer

[Marienbad,] 22. Juli [1916]
 


Liebste Felice, man kann natürlich nicht berechnen, wie die Karte den Adressaten antrifft, ich kann das leider am allerwenigsten immerhin, seit 2 Tagen habe ich keine Nachricht (man wurde so verwöhnt durch das Beisammensein, zwei Schritte nach links und man konnte Nachricht haben, heute ist Felix mit Frau, Bruder und Vater hier, ich laufe wegen jeder Post nachhause und finde schließlich die liebe, trotzdem küssenswerte, aber jedenfalls brummige, ein wenig brummige Karte. Gewiß, man ist in fremder Wohnung nicht ungestört, aber warum hinderst Du mich, auf Deinen Knien zu klagen, nimm es doch als das Sich-hingeben, das es ist. Und Liselotte? Ich habe die Stelle schon sehr oft gelesen und fürchte noch immer mich zu blamieren, wenn ich sie ernst nehme. Traust Du mir die Geschmacklosigkeit zu, mich mit etwas derartigem - ich sage nicht, zu befassen - aber zu rühmen?

Es ist das 3jährige, runde kleine Mädchen, über das wir im Dianahof einmal gelacht haben. Sie bekam eine Rose, und um diese handelte es sich. Liebste Felice!

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at