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Postkarte an Felice Bauer

[Stempel: Marienbad - I9. VII. 16] [geschrieben am Abend des 18. Juli 1916]
 


Meine Liebste - während unsere alten Freunde mit Dir fortgereist zu sein scheinen (hat der liebe Kosteletz wirklich existiert?), kommen neue und haben mir unter anderem gestern, als ich von der Waldquelle nachhause ging, einen kleinen Schrecken verursacht, der im Augenblick geradezu betäubend war. Im behaglichen Kosteletzschritt kommt mir nämlich, unmöglich zu vermeiden, mein Direktor entgegen, nicht der, den Du dem Husten nach kennst, sondern der oberste, mit dem ich gut stehe, und hinter ihm Frau und Tochter. Wie mag ich ausgesehen haben! Es bedurfte nicht der Klage über Kopfschmerzen, die ich auch wirklich hatte, es bedurfte nicht des Hinweises, dass ich immerfort allein in den Wäldern sein muß - mein Anblick genügte, dreifaches Mitleid stand um mich herum. Ich war zwar 1 Stunde mit ihnen beisammen, eine nächste Zusammenkunft wurde aber nicht bestimmt besprochen. So bin ich wieder allein, leider auch ohne Nachricht.

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at