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[An Ottla Kafka: Feldpostkorrespondenzkarte]


[Prag, Februar/März 1915]
 

Das war natürlich sehr freundlich; aber gestern habe ich nicht eigentlich an die Übersiedlung gedacht. Einen eigenen Kasten zu haben gehört fast zu den allgemeinen Menschenrechten und ich gönne Dir mehr als diese. Ich habe vielmehr an nichts bestimmtes gedacht und erst wenn ich nachdenke fügt sich manches zusammen: der Hinauswurf aus dem Geschäft, wohin ich doch Deinetwegen kam; die fortwährenden Einladungen, Dein Zimmer anzusehn, während Du z.B. in meinem Zimmer noch überhaupt nicht gewesen bist, dann allerdings auch die Entleerung meiner alten schmutzigen Vorratskammer über mich hinweg und einiges andere, das Du selbst nicht genau weißt. Dem hast Du nur entgegenzusetzen, dass ich mich um Deine Sachen wenig kümmere (das hat aber einen besonderen Grund) und dass Du den ganzen Tag im Geschäft bist. Ich gebe zu dass das einen gewissen Ausgleich bewirkt




Die Datierung ergibt sich aus dem Umstand, dass Kafka erst im Februar ein eigenes Zimmer außerhalb der elterlichen

Wohnung mietete (vgl. T 463).


Kasten: Österr. für Schrank


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at