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Franz Kafka an den Kurt Wolff Verlag (G.H. Meyer)
Sehr geehrter Herr!
Meinen besten Dank für Ihr Schreiben vom 11. l. M., Ihre Mitteilungen
haben mir, insbesondere, was Blei und Sternheim anlangt, große Freude
gemacht, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zu Ihren Fragen selbst (die aber
eigentlich keine Fragen waren, denn die Verwandlung wird ja schon gesetzt)
könnte ich mich bestimmt äußern, wenn ich wußte,
wie es sich mit dem Fontanepreis verhält. Nach Ihrem Schreiben, vor
allem auch nach dem Schreiben an Max Brod scheint die Sache so zu stehn,
dass Sternheim den Preis bekommt, dass er aber den Geldbetrag
jemandem, möglicherweise mir, schenken will. So liebenswürdig
das nun natürlich ist, wird doch dadurch die Frage nach der Bedürftigkeit
gestellt, aber nicht nach der Bedürftigkeit hinsichtlich beider, des
Preises und des Geldes, sondern nach der Bedürftigkeit hinsichtlich
des Geldes allein. Und es käme dann meinem Gefühl nach auch gar
nicht darauf an, ob der Betreffende später einmal vielleicht das Geld
benötigen wird, entscheidend dürfte vielmehr nur sein, ob er
es augenblicklich nötig hat. So wichtig natürlich auch der Preis
oder ein Anteil am Preis für mich wäre - das Geld allein ohne
jeden Anteil am Preis dürfte ich wohl gar nicht annehmen, ich hätte
glaube ich kein Recht dazu, denn jene notwendige augenblickliche Bedürftigkeit
besteht bei mir durchaus nicht. Die einzige Stelle in Ihrem Schreiben,
die meiner Auffassung widerspricht, ist die, wo es heißt: "Durch
den Fontanepreis wird die Aufmerksamkeit u.s.w." Jedenfalls bleibt
die Sache ungewiß und ich wäre Ihnen für eine kleine Aufklärung
sehr dankbar.
Was Ihre Vorschläge betrifft, so vertraue ich mich Ihnen vollständig
an. Mein Wunsch wäre es eigentlich gewesen, ein größeres
Novellenbuch herauszugeben (etwa die Novelle aus der Arkadia, die Verwandlung
und noch eine andere Novelle unter dem gemeinsamen Titel "Strafen")
auch Herr Wolff hat schon früher einmal dem zugestimmt, aber es ist
wohl bei den gegenwärtigen Umständen vorläufig besser so,
wie Sie es beabsichtigen. Auch mit der Neuausgabe der Betrachtung bin ich
ganz einverstanden.
Die Korrektur der Verwandlung ist beigeschlossen. Leid tut es mir, dass
der Druck anders ist als bei Napoleon, trotzdem ich doch die Zusendung
des Napoleon als ein Versprechen dessen ansehen konnte, dass die Verwandlung
ebenso gedruckt würde. Nun ist aber das Seitenbild des Napoleon schön
licht und übersichtlich, das der Verwandlung aber (ich glaube bei
gleicher Buchstabengröße) dunkel und gedrängt. Wenn sich
darin noch etwas ändern ließe, wäre das sehr in meinem
Sinn.
Ich weiß nicht, wie die späteren Bändchen des "Jüngsten
Tag" gebunden worden sind, der "Heizer" war nicht hübsch
gebunden. Es war irgendeine Imitation, die man, wenigstens nach einiger
Zeit, nur fast mit Widerwillen anschauen konnte. Ich würde also um
einen andern Einband bitten.
Sehr schade, dass Sie vorige Woche nicht kommen konnten, vielleicht
wird es bald einmal möglich, ich würde mich sehr freuen.
Mit herzlichen Grüßen Ihr sehr ergebener
F Kafka
Könnte ich noch fünf Exemplare der Oktobernummer der Weißen
Blätter bekommen? Ich würde sie benötigen.
Herr Wolff hat mir einmal einige Besprechungen des "Heizer"
geschickt; falls Sie sie irgendwie brauchen sollten, kann ich sie schicken.
Korrektur
Prag, am 15.Oktober 1915
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at