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[An Ottla Kafka]
Liebe Ottla nur paar Worte in Eile vor dem Versuch zu schlafen, der in
der gestrigen Nacht gänzlich mißlungen ist. Du hast mir, denke
nur, mit Deiner Karte einen verzweifelten Morgen in Augenblicken erträglich
gemacht. Das ist das wahre Reiben und so wollen wir es bei Gelegenheit
weiter üben, wenn es Dir recht ist. Nein, ich habe niemanden sonst
am abend. Von Berlin schreibe ich Dir natürlich, jetzt läßt
sich weder über die Sache noch über mich etwas
Bestimmtes sagen. Ich schreibe anders als ich rede, ich rede anders als
ich denke, ich denke anders als ich denken soll und so geht es weiter bis
ins tiefste Dunkel.
Franz
Grüße alle! Den Brief mußt Du weder zeigen, noch herumliegen
lassen. Am besten Du zerreißt ihn und streust ihn in kleinen Stücken
von der Pawlatsche den Hühnern im Hof, vor denen
ich keine Geheimnisse habe.
Text dieses Briefes bereits in Br 130
Offenbar nach Radesovice (vgl. F 607 und 611) adressiert, wo sich in jenen
Jahren die Sommerwohnung der Familie Kafka befand. (vgl. F 415 und 427).
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at