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Franz Kafka an die Eltern Felice Bauers
[Briefkopf Hotel Askanischer Hof, Berlin
Nun weiß ich nicht mehr, wie ich Euch ansprechen soll und darf.
Ich werde nicht kommen, es wäre eine unnütze Quälerei für
uns alle. Ich weiß, was Ihr mir sagen würdet. Ihr wißt,
wie ich es hinnehmen würde. Ich komme also nicht.
Ich fahre wahrscheinlich heute nachmittag nach Lübeck. Ich nehme als
verhältnismäßig kleinen Trost, aber immerhin als Trost
den Gedanken mit, dass wir einander gut bleiben können und gut
bleiben, wenn auch die Verbindung, die wir alle wünschten, sich jetzt
ebenso allen als unmöglich erwiesen hat. Felice hat Euch gewiß
ebenso wie mich überzeugt. Ich sehe immer klarer.
Lebt wohl, besonders nach Euere gestrigen Verhalten gehört Euch meine
Verehrung bedingungslos, behaltet mich nicht in schlechtem Angedenken.
In Dankbarkeit Franz K.
Franz Kafka an die Eltern Felice Bauers: : Geschrieben
am Tage nach der Auflösung des Verlöbnisses im Hotel >Askanischer
Hof<, bei der Grete Bloch, Ernst Weiß und Felices Schwester Erna
zugegen waren. Ein Bote überbrachte den Brief. Vgl. Tagebücher
(23. und 27. Juli 1914), S. 407ff.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at