Voriger Eintrag | Jahresübersicht | Indexseite | Nächster Eintrag |
An Felice Bauer
Im Bureau. Es gibt viel zu tun. Böse war ich nicht. Ich war wütend,
traurig und einiges dergleichen, aber böse nicht. (Wäre ich nicht
sowieso schlaflos, hätte es vielleicht zu meiner Schlaflosigkeit beigetragen.)
Der Genauigkeit halber füge ich hinzu, dass Dein Nichtschreiben
nicht zwei, sondern 3 Tage gedauert hat.
Es ist immer das alte, wie in der ganzen Weltgeschichte: Jeder sucht sich
seinen Boden zum Kampf aus. Es wird mir nichts übrig bleiben, als
mir auch den andern Boden zu erobern. Ein guter Zwang für eine gute
Sache.
In den nächsten Tagen wirst Du von 2 Seiten scheinbar auf meine Anregung
hin wegen Möbelkaufes angegangen werden. Einmal von den Deutschen
Werkstätten. Sie schreiben mir öfters, endlich mußte ich
ihnen antworten. Im übrigen halte ich ihre Möbel wirklich für
die besten, ich meine für die anständigsten, einfachsten. Außerdem
wird ein Vertreter einer Prager Firma kommen. Den laß nur rasch hinausbefördern.
Er war einmal bei mir im Bureau, ich brummte etwas in meiner Verschlafenheit,
er gab seine Visitkarte ab, behauptete, als ehemaliger Berliner Deinen
Geschmack besonders gut treffen zu können und ging. Nun kam er letzthin
wieder. Er war ein wenig besser angezogen und mein unglückseliges
Personengedächtnis spiegelte mir einen bekannten Advokaten in ihm
vor. Ich gehe freundlichst auf ihn zu, drücke ihm die Hand und - erfahre, wer
er ist. (Du mußt wissen, die Firma, die er vertritt, hat äußerst
teuere, überladene Möbel.) Nun konnte ich mich nicht mehr so
rasch in einen unfreundlichen Käufer verwandeln und gab ihm, da er
anläßlich einer Berliner Reise (er dürfte Freitag zu Dir
kommen) darum bat, Deine Adresse. Auch bat er darum, dass ich ihn
brieflich ankündige. Einem Mann, dem ich so freundlich die Hand gedrückt
hatte, konnte ich auch das nicht abschlagen und führe es jetzt auf
diese gemeine Weise aus.
Grüße alle, Deine und meine, und laß
Dich küssen auf das sonderbar liebe Gesicht.
F
Grüße alle, Deine und meine: Kafkas
Mutter und seine Schwester Ottla waren schon in Berlin.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at