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An Felicens Mutter, Frau Anna Bauer
Liebe Mutter!
Jetzt ordnet sich mir schon ein wenig die Erinnerung an die zwei Tage und
ich kann Dir jetzt ruhig und bestimmt aus vollem Herzen danken, Dir, dem
Vater und Euch allen. Ich habe mich wirklich während der zwei Tage
unaufhörlich, aber unaufhörlich beschenkt gefühlt und darin,
dass Ihr mir Felice gebet, das größte Zeichen Euerer Liebe
gesehn, das ich jemals von Euch verlangen könnte und für das
ich niemals würdig werde danken können.
Alles andere ist nebensächlich. Nebensächlich ist, dass
Du, liebe Mutter, vielleicht manches an mir auszusetzen hast und vielleicht
noch mehr auszusetzen finden wirst, ohne es ändern zu können.
Wir sind keiner für uns vollkommen, um wieviel weniger noch für
den andern. Denke, liebste Mutter, aber nicht zuerst daran, sondern zuerst
daran, dass Du Felice einem Menschen gibst, der sie gewiß nicht
weniger lieb hat als Du (natürlich aus seinem andern Wesen heraus)
und der ihr ein glückliches Leben zu bereiten suchen wird, soweit
nur seine angespanntesten Kräfte ausreichen.
Und jetzt kommt nur bald, alle freuen sich auf Euch. Jede Verzögerung
Eueres Kommens ist doch grundlos, jede bringt mir Leid. Auch wegen der
Wohnungssuche ist es wichtig, dass Ihr bald kommt. Zögert Felice,
so treibe sie doch ein wenig im geheimen an, liebste Mutter!
Herzlichste Grüße und Küsse Dir und allen von
Deinem Franz
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at