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An Grete Bloch
Liebes Fräulein Grete, es ist doch sehr fraglich, ob ich Sie mit dem
Brief noch in Budapest antreffe. Ihre Karte brauchte mehr als zwei Tage,
es ist schon Donnerstag - kurz, ich schreibe nach Wien und begrüße
Sie auf dem Tisch Ihrer Wohnung. Es ist auch schön zu warten, bis
die Tür sich öffnet und die müde Reisende hereinkommt.
Ob es Muzzis Wunsch bewirkt hat, weiß ich nicht, immerhin hat sich
F.'s und meine Sache ein wenig zum Bessern gewendet. Schrieb ich Ihnen
von der montäglichen Frist? Ich glaube. Nun, es kam lange nichts,
es war schon etwa 5 Uhr, ich fühlte mich schon als ein Freigelassener
im guten und im schlechten Sinn. Da kam ein Telegramm und kündigte
einen Brief für Dienstag an. Dienstag kam, Brief nicht, F. wird nicht
müde, mich warten zu lassen. Mittwoch kam der Brief, kein schlechter
Brief, vielleicht ist es ein neuer und guter Beginn.
Nun möchte ich aber gerne wieder etwas von Ihnen hören, liebes
Fräulein Grete. Wie hat das neue Lebensjahr angefangen? Ist er schön,
der ungarische Anfang? Wie halten Sie die viele Arbeit aus? Ich denke an
die Gräfin Thürheim, die auch in Budapest war. ("Buda ist
eine Ansammlung von stillosen und unansehnlichen Häusern mit Ausnahme
der Festung, die eine Stadt für sich bildet. Pest ist etwas besser,
aber ein Judennest und ein Versammlungsort von Kaufleuten. Die Straßen
sind breit, man sieht auch einige hübsche Häuser, man begegnet
aber viel mehr Tieren als Menschen. Ich schätze, dass die Ochsen
und Schweine ⅓ der Bevölkerung ausmachen.") Auch sie hat dort
viel gearbeitet (Band I, 164), war aber im ganzen unzufrieden. Da ich Sie,
liebes Fräulein Grete, einmal durch Zufall mit der Gräfin zusammengebracht
habe und Sie 2 jetzt zusammenhalte, zweifle ich daran, dass es Ihnen
in Budapest sehr gefallen hat. Hoffentlich höre ich bald, wie es war.
Herzlichste Grüße Ihres Franz K.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at