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An die Eltern Felice Bauers
Sehr geehrter Herr Bauer,
verehrte gnädige Frau!
Wenn ich Sie jetzt aus einer unerträglichen Lage heraus um eine Nachricht
bitte, so knüpfe ich natürlich nicht an Ihren letzten, so gütigen,
in scheinbar unerhörter Weise von mir noch nicht beantworteten Brief
an. Davon zu reden ist jetzt nicht die Zeit, ich weiß auch nicht,
ob ich es darf. Immerhin hielten Sie mich doch damals Felicen's nicht ganz
für unwert, darf ich heute daraus die Hoffnung nehmen, dass Sie
meine Bitte um eine Nachricht, eine ganz kurze Nachricht über Felicen's
Befinden mir erfüllen werden?
Samstag hatte ich die letzte Nachricht von Felice. Seitdem habe ich teils
ins Bureau, teils in die Wohnung, vier Briefe und ein Telegramm geschickt,
alles ist unbeantwortet. In unserer allerletzten Korrespondenz kann nicht
der geringste Grund für dieses Schweigen liegen, im Gegenteil, nach
dem Vorangegangenen schien Antworten eine selbstverständliche Notwendigkeit.
Ich kann also nur glauben und bei Tag und Nacht es überlegen, dass
Felice krank ist oder dass ihr sonst irgendetwas Schlimmes seit Samstag
zugestoßen ist.
Sollten diese Befürchtungen tatsächlich begründet sein und
wollen Sie überhaupt meine Bitte erfüllen, dann bitte ich Sie
herzlich, telegraphieren Sie mir paar Worte. Ich werde von morgen mittag
ab nichts tun, als auf Nachricht warten, wie ich schon seit langem unfähig
bin, etwas anderes zu tun.
Ihr ergebener Dr. Franz Kafka
Prag, Altstädter Ring 6
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at