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An Grete Bloch
Liebes Fräulein Grete, wenn Sie den letzten Brief verloren wissen
wollen, weil dort stand, dass Sie mir nicht schreiben körnen,
weil Sie zu traurig sind, so mag dieser Teil des Briefes verlorengegangen
sein, aber sonst soll das lieber nicht vorkommen. Briefe sollen zumindest
ebenso selten im Innern verloren gehn, wie es auf der Post geschieht.
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Aber jetzt bin ich ordentlich aufgehalten worden und nun ist spät.
Also nur noch das W ichtigste, wenn auch dieses gerade nur jenes ist, das
einem einfällt, wenn man viel Zeit hat.
Mein "hoffentlich", liebes Fräulein Grete, haben Sie mißverstanden,
es bezog sich auf die Notwendigkeit eines klaren Schlusses, nicht auf die
Art des Schlusses. Allerdings ist auch diese Hoffnung vorläufig nicht
in Erfüllung gegangen, ein Brief ist bereits nicht beantwortet, der
zweite wird morgen nicht beantwortet werden und so wird es weitergehn,
aber unmöglich lange. Ich stehe dem jetzt natürlich ein wenig
anders gegenüber als früher, trotzdem aber nein, davon wollen
wir jetzt nicht reden.
Mein Eindruck vom Bruder und das, was Sie andeuten, ist einander ziemlich
ähnlich, und F. liebt ihn so, ist stolz auf ihn gewesen, ich glaube
wenigstens, es war so, Sie müssen das genauer wissen - was für
ein Unglück, einem solchen Menschen immerfort mit Liebe folgen müssen!
Eines fiel mir in den letzten Tagen ein, muß nicht F. (oder glaubt
sie nicht etwa, es zu müssen), jetzt, nachdem der Bruder gänzlich
versagt hat, ihre Eltern erhalten oder wenigstens wesentlich unterstützen?
Wissen Sie nichts darüber? Der Vater ist alt, kann nicht mehr lange
arbeiten, vielleicht hat er sich jetzt überdies für den Sohn
irgendwie verpflichten müssen -glauben Sie nicht, dass darin
eine mögliche Erklärung (nicht die einzige, bei weitem nicht
die einzige!) für F.'s Verhalten liegen könnte? Es wäre
das ein Hindernis, dessen Überwindbarkeit ich vorläufig nicht
einsehe, das aber, wenn und so lange es verschwiegen wird, vollständig
unüberwindbar ist.
Heute Schluß, es ist zu spät und ich will den Brief noch einwerfen,
um Sie nicht falschen und mich kränkenden Glücksgefühlen
über den Verlust von Briefen zu überlassen.
Herzlichste Grüße Ihres Franz K.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at