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An Grete Bloch

12. III. 14 [vermutlich 11. März 1914]
 


Liebes Fräulein Grete, es wäre doch gut gewesen, wenn wir für unsere Briefe Termine bestimmt hätten. Ich müßte mir dann nicht immer wieder Gedanken, immer wieder verworfene Gedanken darüber machen, dass Sie mir wegen irgendetwas zürnen, wegen irgendetwas nicht schreiben zu dürfen glauben, während doch gewiß kein anderer Grund für Ihr Nichtschreiben ist als der, dass Sie im Geschäft überanstrengt oder gar nach Budapest gefahren sind.

Ich hatte letzthin nicht einmal das Wichtigste dessen gesagt, was ich zu Ihrem letzten Briefe sagen wollte; der Mißerfolg, den ich mit mir selbst am Ende meines letzten Briefes hatte, hatte mir alle Lust am Weiterschreiben verdorben. Sollte Sie doch der Schluß beirrt haben? Sollte es für Sie noch nicht so klar sein wie für mich, dass unsere Beziehungen zu F. sich zwar aus unserer gegenseitigen Beziehung nicht entfernen lassen, denn dazu sind sie zu stark und vielleicht unauflösbar, dass sie aber wenigstens jetzt der wichtigste Teil nicht mehr sind, dass ich also gut von dieser Sache schweigen kann, wenn mir das Wort versagt, dass dies aber nicht im geringsten unsere Hände von einander lösen darf, die wir als gute Freunde einander gereicht haben. Die Angelegenheit mit F, ist mir so unklar oder besser irgendwo im letzten Grunde, wohin meine Augen kaum reichen, so schrecklich klar, dass sie mir von jedem Wort, das ich von ihr gebrauche, noch mehr getrübt, noch unreiner, noch quälender wird. Aber nun sind hoffentlich die Tag[e] bis zum Schluß schon an der Hand zu zählen.

[Vermutlich die Fortsetzung dieses Briefes]

Über Sonntag nach Prag zu kommen, um abends wieder wegzufahren, das tun Sie bitte auf keinen Fall, daran denken Sie gar nicht einmal; wie sollte ich mich damit abfinden können, Sie so geplagt zu sehn und an Plage fehlt es Ihnen doch auch sonst nicht. Dagegen wäre es vielleicht, da Sie Samstag schon um 3 frei sind, möglich, wenn Sie einmal, noch vor Ostern, Lust hätten, einander entgegenzufahren, Samstag abend einander irgendwo auf der Mitte des Weges zu treffen und den Sonntag mit einander zu verbringen. Wollten Sie das? Ich will es sehr. Schreiben Sie mir doch darüber. Wir wollen dann das Cursbuch durchsehn und einen schönen Ort herausfinden.

Lesen Sie die Gräfin Thürheim?

Herzlichste Grüße Ihres Franz K.


Der editorische Hinweis "[Vermutlich die Fortsetzung dieses Briefes]" kommt nur in der Ausgabe "Briefe an Felice ..., 1982" vor (Herausgeben von Erich Heller und Jürgen Born). In der Ausgabe von 2015, herausgegeben von Hans-Gerd Koch, fehlt dieser Hinweis.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at