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An Grete Bloch

6.III.14
 


Liebes Fräulein Grete, das ist eine gute Nachricht, aber so unsicher. Solange überhaupt von Ihrer Reise nicht die Rede war, war es allerdings noch unsicherer und ich kann also zufrieden sein. Kommen Sie doch, kommen Sie doch, wenn es irgendwie geht. Aber-wenn es sich nur um einen Nachmittag handeln sollte und nicht um mehr, kommen Sie nicht an einem Nachmittag, wie es der heutige ist, wo ich steif vor Kopfschmerzen nach elender Nacht fast ohne es zu wissen 2 Stunden lang auf dem Kanapee gelegen bin, gewiß ein Anblick, um Schrecken einzujagen. Aber hingegen-wenn es sich wirklich nur um einen Nachmittag handeln sollte, kommen Sie immer, meine Kopfschmerzen werden weg sein, ich werde ganz erträglich sein; unerträglich werde ich nur sein, wenn Sie nicht kommen. Sie werden kommen, sonst würden Sie mir durch die Ankündigung nicht solche Lust gemacht haben, das hätten Sie nicht getan.

Jetzt will ich aber gar nicht mehr schreiben, wenn ich weiß, dass Sie kommen; es hat keinen Sinn mehr. Wie verläuft Ihre Reise? Nur in Böhmen? Oder wirklich auch nach Budapest? Sie schreiben mir doch von der Reise hie und da eine Karte? Immerhin ist für mich in dem Gefühl, dass Sie reisen (abgesehen natürlich davon, dass Sie herkommen) ein wenig Unheimlichkeit, denn bisher waren Sie für ich in Wien so sicher, immer zu erreichen, und nun werden Sie den Unsicherheiten einer Reise ausgesetzt. Sind die Kopfschmerzen schon verschwunden? Es genügt mir gar nicht, wenn Sie für meinen Rat nur danken und ihn nicht wenigstens auch ausprobieren. Schade, dass das vegetarische Gasthaus in Prag so schlecht und schmutzig eingerichtet ist, dass ich Sie gar nicht dahin werde einladen können.

Sie haben mir etwas zu erzählen und verschieben es auf nächstens. Heißt das, dass Sie es mir werden erzählen können? Nun, von Montag ab erwarte ich Sie.

Herzlichste Grüße Ihres Franz K.

Ja, die Adresse: Altstädter Ring 6


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at