Voriger Eintrag | Jahresübersicht | Indexseite | Nächster Eintrag |
An Felice Bauer
Nein, ich bin nicht unruhig, Felice, das ist nicht das Wort. Aber Du willst
mich nicht haben, Du willst mich nicht haben, nichts ist klarer; wenn Du
mich aber doch haben willst, dann ist dieses Wollen vor Lauigkeit ganz
torsichtbar. Deine Hand scheinbar zu halten, während Du durch 10 Tage
Dich von mir gänzlich abgewendet hältst, das kann ich nicht ertragen.
Ich habe das Frankfurter Schweigen ausgehalten, ohne eine Erklärung
von Dir bekommen zu haben, dieses letzte Schweigen ist für mich zu
viel und wäre es auch für edlen 10 mal stärkeren Menschen.
Ich will nicht vorrechnen, was noch sonst für meine Deutung spricht,
wenn ich auch im letzten Grunde zugeben muß, dass ich Dich nicht
verstehe. Ein Unrecht habe ich Dir getan, Du hast wirklich Sonntag abend
geschrieben (ich habe den Brief erst heute bekommen, die Postbeamten müssen
die Unsicherheit meiner Hände haben), aber der Inhalt des Briefes
macht mein Unrecht wieder gänzlich gut. In dem Brief, den Du Montag
bekamst, habe ich vor Verzweiflung geschrien, Du hattest nichts zu schreiben.
Dienstag wieder nichts und ich habe guten Grund zu glauben, dass ich
Dein heutiges Telegramm einem Brief von Max verdanke. Es bleibt nichts
übrig, als den Abschied zu nehmen, den Du mir zwischen den Zeilen
Deiner Briefe und in den Pausen zwischen den Briefen längst gegeben
hast. Ich wiederhole, Felice: Ich gehöre Dir vollständig, so
besessen kannst Du nichts haben, aber innerhalb des gegenwärtigen
und schon Wochen dauernden Verhältnisses kann ich Dir nicht mehr gehören,
denn das kann nicht Dein wirkliches Wesen sein, das ein solches Verhältnis
aufrecht halten will, in dem Du nur leidest, denn grausam bist Du gewiß
nicht, und in dem ich sinnlos herumgejagt werde. Das mußte ich Dir
noch sagen.
Franz
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at