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An Felice Bauer
Allzulange im Bett gelegen mit den verdrießlichsten Gedanken und
einer unüberwindlichen Abscheu vor jeder doch so unentbehrlichen Vorbereitung
für meine Aussiger Verhandlung am Dienstag. Ich weiß nicht,
ob Du meinen letzten Brief, in dem ich Dir von Aussig schreibe, schon bekommen
hast. Wir treffen uns also am Dienstag auf keine Weise, aber das macht
nichts, wenn Du nur, Felice, schon aus diesem schrecklichen Frankfurt weg
bist. Es hielt Dich von mir ab und mir schien es, als wehrtest Du Dich
nicht genug und dann schien es mir wieder, als wehrtest Du Dich zu sehr.
Jetzt bist Du wohl schon auf der Reise nach Berlin, es ist 6½ Uhr.
Ein Telegramm zu schicken, weißt Du, ist doch so naheliegend, aber
immer und ausnahmslos bleibt es eine prachtvolle Idee. Man streckt die
Hand aus dem Bett und bekommt das Papier zu lesen und wird für ein
Weilchen aus dem ekelhaften Kreis seiner Gedanken mit höherer Gewalt
fortgetragen. Könnte ich schreiben, Felice! Das Verlangen danach brennt
mich aus. Hätte ich genug Freiheit und Gesundheit vor allem dazu.
Ich glaube, Du hast es nicht genug begriffen, dass Schreiben meine
einzige innere Daseinsmöglichkeit ist. Es ist kein Wunder, ich drücke
es immer falsch aus, erst zwischen den innern Gestalten werde ich wach,
darüber aber, über mein Verhalten nämlich, kann ich nicht
überzeugend schreiben und nicht reden. Das ist auch nicht nötig,
wenn ich nur alles andere hätte.
Und nun sind auch noch 3 Wochen bis Pfingsten, wer kann lustig sein? Es
wird alles gut werden, sagst Du. Nun ich passe auf, daran soll es nicht
fehlen.
Franz
Letzte Änderung: 8.6.2016 werner.haas@univie.ac.at