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An Felice Bauer

2. II. 13
 


Liebste, weißt Du, wo Dein abgehärteter, unverkühlbarer, eiserner Narr augenblicklich an Dich schreibt? Durchaus nicht etwa in freier Winternacht, sondern, Schande über Schande, in der warmen Küche. Es ist nur im Wohnzimmer geheizt, bei dem Sturm ist es in unserer Höhenlage kaum möglich anderswo zu heizen, in meinem Zimmer wurde nicht geheizt, weil ich ja nachmittag nach Leitmeritz fahren will (ich fahre vielleicht doch erst morgen) im Wohnzimmer schläft die Familie einer über dem andern, die Küche ist aber leer und still und wenn die kalten Fliesen nicht wären und der starke Uhrenschlag, es wäre das vollkommene Schreibzimmer.

Maxens Hochzeit ist vorüber und er fährt schon nach dem Süden, aber eine besondere Hochzeitsfeierlichkeit gab es nicht, wie Du zu vermuten scheinst, es war nur die Trauungsceremonie im Hotel, sonst nichts, kein Polterabend, kein Hochzeitsessen, meine Menschenangst wurde also auf keine Proben gestellt. Aber ich hatte doch eine besondere Hochzeitsfreude, denn Sophie, mit der ich paar Worte sprach, sagte mir, sie habe mir etwas zu erzählen und da ich vieles zuzuhören habe, trifft sich das schön. Heute und morgen kann ich zwar nicht zu Brods, aber Dienstag werde ich gelaufen kommen. Ich will ja nichts besonderes hören, nur in der Nähe Sophies will ich sein, weil Du in ihrer Nähe warst.

Liebste, es ist keine Hilfe, ich muß aufhören, trotzdem mir das ist, als reiße man mich körperlich von Dir weg. Auch Dienstag wirst Du nur Karten von mir haben. Liebste, möchtest Du vor schlimmen Träumen behütet sein, soviel Sinn und Warnung sie auch vielleicht enthalten.

Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at