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An Felice Bauer
Liebste, nur paar Worte vom Neujahrsnachmittag. Weißt Du, was augenblicklich
meine größte Sorge ist? Deinen mir für gestern, Dienstag,
zugedachten großen, schönen Brief habe ich erst heute, Mittwoch,
mit der zweiten Post bekommen. Nun schreibst Du aber: "Du bekommst
aber auch. am Sonntag früh bestimmt noch einen Brief" und meinst
mit dem Sonntag offenbar den heutigen Neujahrstag. Gut, aber diesen zweiten
Brief habe ich nicht bekommen, auch im Bureau war er nicht. Dann kommt
er wahrscheinlich erst morgen in die Wohnung, während ich im Bureau
bin. Nun, ich werde den Auftrag geben, dass man mir ihn gleich ins
Bureau bringt, aber ob man daran nicht vergißt, ob man es rechtzeitig
bringt, ob auch sonst noch ein Brief ins Bureau kommt? Das sind also, Liebste,
meine Sorgen. Verdammte Post! Verdammte Entfernung!
Wie gut Du mich aber in Deinem heutigen Brief behandelst! Wie Du mir verzeihen
und wie Du meine Sorgen verstehen kannst! Warte, dafür danke ich Dir
noch heute in der Nacht nach Kräften. Liebste, adieu, ich habe meinen
dumpfen, großen, über dem linken Auge ein wenig zuckenden, urdummen
Nachmittagskopf und so soll ich unter Leute. Warum denn nicht? Für
die bin ich immer noch gut genug, denn wenn ich auch in meinem verhältnismäßig
besten Zustand bin, gehöre ich ihnen ja doch nicht.
Die Überwindung Eulenbergs freut mich unmäßig und der Mensch
hat keine Ahnung davon, sondern freut sich über seinen Schillerpreise
und über die 12 000 M., die er, wie Werfel erzählte, jährlich
von Rowohlt bekommt. Ich gönne sie ihm durchaus, denn ich habe Dich,
Felice, zu mir hinübergezogen. Nun bleib aber auch hier!
Franz
Schillerpreise: Herbert Eulenberg erhielt 1912 für
sein Stück Belinde den Volks-Schillerpreis.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at