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[Tagebuch, 22. Mai 1912; Mittwoch]

22. Mai (1912) Gestern wunderschöner Abend mit Max. Wenn ich mich liebe, liebe ich ihn noch stärker. Lucerna. Madame, la mort von Rachilde. Traum eines Frühlingsmorgens. Die lustige Dicke in der Loge. Die wilde mit der rohen Nase, dem aschebestaubten Gesicht, den Schultern die sich aus dem übrigeng nicht dekolltierten Kleide drängten, dem hin und her gezerrten Rücken, der einfachen weißgetupften blauen Bluse, dem Fechterhandschuh, der immer zu sehen war, da sie die Rechte meistens auf dem rechten Schenkel der neben ihr sitzenden lustigen Mutter ganz oder auf den Fingerspitzen ruhen ließ. Die über den Ohren gedrehten Zöpfe, nicht das reinste hellblaue Band auf dem Hinterkopf, das Haar vorn im dünnen aber dichten Büschel geht rund um die Stirn und vorn weit über sie hinaus. Ihr warmer, faltiger, leichter, nachlässig vor lauter Schmiegsamkeit hängender Mantel, als sie bei der Kassa unterhandelte.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at