Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

[Tagebuch, 12. März 1912; Dienstag]

12 III 12

In der vorübereilenden Elektrischen saß in einem Winkel, die Wange an der Scheibe den linken Arm die Lehne entlanggestreckt ein junger Mann in offenem um ihn sich aufbauschendem Überzieher und sah über die lange leere Bank mit beobachtenden Blicken hin. Er hatte sich heute verlobt und dachte an nichts anderes. Er fühlte sich gut aufgehoben im Zustand eines Bräutigams und sah in diesem Gefühl manchmal flüchtig zur Decke des Wagens hinauf. Als der Schaffner kam, um ihm die Fahrkarte zu geben, fand er unter Klimpern leicht das richtige Geldstück, legte es im Schwunge in die Hand des Schaffners und ergriff die Karte mit zwei scherenförmig ausgebreiteten Fingern. Es bestand kein richtiger Zusammenhang zwischen ihm und der Elektrischen und es wäre kein Wunder gewesen, wenn er ohne Platform und Treppe zu benützen auf der Gasse erschienen und seinen Weg zu Fuß mit gleichen Blicken verfolgt hätte.

Nur der sich aufbauschende Überzieher bleibt bestehn, alles andere ist erdacht.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at