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[An Felice Bauer]
[Prag, 11. Dezember 1912; Mittwoch]

Denk nur, heute schreibe ich wieder nicht, denn ich konnte nachmittag nur für einen Augenblick ins Bett und der Kopf brummt mir links oben als eine Mahnung. Samstag, Sonntag nichts geschrieben, Montag wenig und mittelmäßiges, Dienstag nichts, ein feines Wochenende! ein feiner Wochenanfang!

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Du, sei freundlich zu meinem armen Buch! Es sind ja eben jene paar Blätter, die Du mich an unserem Abend ordnen sahst. Damals wurdest Du der Einsichtnahme "nicht für würdig" befunden, närrische und rachsüchtige Liebste! Heute gehört es Dir wie keinem sonst, es müßte denn sein, dass ich es Dir aus Eifersucht aus der Hand reiße, um nur ganz allein von Dir gehalten zu werden und nicht meinen Platz mit einem alten, kleinen Buch teilen zu müssen. Ob Du wohl erkennst, wie sich die einzelnen Stückchen im Alter voneinander unterscheiden. Eines ist z.B. darunter, das ist gewiß 8-10 Jahre alt. Zeig das Ganze möglichst wenigen, damit sie Dir nicht die Lust an mir verderben.
Gute Nacht, Liebste, gute Nacht.


11. Dezember 1912: Mit "Betrachtung", Franz Kafkas erster Buchveröffentlichung, übersandt.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at